Personalnöte dünnen die Flugpläne aus
Die Streichung tausender Jobs in der Luftfahrt rächt sich. Airlines streichen diesen Sommer viele Flüge. Wie man sich wappnen kann.
Wir wurden wie Vieh behandelt. Einmal wurden wir hierhin geschickt, einmal dahin. Die ganze Halle war voll mit tausenden Passagieren.“Letztlich versäumte das Ehepaar, das dem Privatsender RTL ein Interview gab, seinen Flug von Düsseldorf nach Griechenland, obwohl es zwei Stunden vor Abflug am Airport war. Die Urlauber konnten nicht eingecheckt werden, weil die Fluglinie nicht genug Bodenpersonal hatte.
Wer heuer mit dem Flugzeug in den Sommerurlaub fliegen will, wird gute Nerven brauchen. Flughäfen in ganz Europa leiden unter Personalmangel, weil sie während Corona Stellen am Check-in, bei den Sicherheitskontrollen und beim
der Flugzeuge abgebaut haben, die jetzt fehlen.
600.000 Arbeitsplätze in der Luftfahrt sind in Europa durch die Pandemie verloren gegangen. Weltweit wurden laut dem Verband Air Transport 2,3 Millionen Jobs abgebaut. Um nicht in letzter Minute absagen zu müssen, streicht Lufthansa allein für Juli 900 Flüge an den Drehkreuzen Frankfurt und München. Die britische Billigfluglinie Easyjet streicht in Berlin bis Ende August täglich ein Dutzend Abflüge und Ankünfte – damit fallen 1000 Verbindungen weg. Die Flughäfen London Gatwick und Amsterdam begrenzen von sich aus die Flugzahlen. Vergangenen Samstag fielen am Flughafen Salzburg mehrere Flüge der LufthansaTochter Eurowings aus, wodurch 500 Urlauber am Boden bleiben mussten.
Urlaub auf der Wartebank? In Österreich sehen sich der FlugBeladen hafen Wien und die Austrian Airlines gut gerüstet. „Es ist uns in Wien gelungen, durch Kurzarbeit viel Personal in Beschäftigung zu halten, das jetzt wieder im Einsatz steht“, sagt AUASprecherin Sophie Matkovits.
Dennoch könnte es auch in Wien zu Verspätungen und Flugausfällen kommen, weil sich Probleme anderer Airports auf andere Destinationen übertragen. Die AUA werde im Sommer mit all ihren Fliegern im
Einsatz sein. „Wir haben mehr als 150 neue Flugbegleiter eingestellt“, so Matkovits. Auch der Flughafen Wien, wo seit April die gesamte Mannschaft, also 5000 Beschäftigte, aus der Kurzarbeit zurück ist, meint, für den Sommer gut aufgestellt zu sein. „Mit einem Personalstand von 80
Prozent vom Vor-Corona-Jahr 2019 kann der Airport das zu erwartende Passagieraufkommen gut abdecken“, sagt Sprecher Peter Kleemann. Derzeit liege das Passagieraufkommen bei 70 Prozent des Vorkrisenniveaus und werde auch im Sommer trotz Reisehochsaison nicht die Rekordwerte von 2019 erreichen. „Weiteres Personal wird laufend aufgenommen“, sagt Kleemann.
Nicht beeinflussen könne der Flughafen Wien, wie sich die Situation auf anderen Flughäfen darstellt. Auch Reisende selbst können wenig tun, um Ärger zu vermeiden. Ebenso die Reiseveranstalter. „Wir vertrauen darauf, dass die Sommerflugpläne der Airlines halten“, sagt TUISprecherin Patrizia Weinberger. „Den Passagieren raten wir, den Online-Check-in zu nutzen, das Gepäck am Vorabend einzuchecken und nicht nur zwei, sondern drei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein.“Auch auf den gecancelten Euroab Salzburg am Wochenende waren TUI-Kunden. Der Reiseveranstalter schaffte es, für sie einen Ersatzflug ab München zu organisieren.
„Kurzfristige Flugstreichungen sind immer ärgerlich“, weiß Max Schlögl, Geschäftsführer von Gruber Reisen. Fällt ein Flug aus oder ist er um fünf oder mehr Stunden verzögert, haben Passagiere die Wahl zwischen der Erstattung des Ticketpreises oder einer Ersatzbeförderung. „Auch bei uns hat es vereinzelt Kunden getroffen“, berichtet Schlögl. „Einer ist von der Reise zurückgetreten und hat den Preis erstattet bekommen, ein Kunde flog woanders hin und ein dritter einen Tag später.“Grundsätzlich, so Schlögl, habe es dieses Thema „immer schon gegeben“. Wer im Reisebüro bucht, ist in solchen Situationen im Vorteil. „Weiß man Wochen vorher von Flugstreichungen, lassen sich Alternativen ausarbeiten. Das bedeutet nicht, dass man nicht fliegen kann, sondern, dass man zum Beispiel eine andere Route wählen muss.“
Wenig optimistisch ist die Gewerkschaft vida. „Wir werden, wenn überhaupt, nur mit Ach und Krach über den Sommer kommen“, glaubt Gewerkschafter Daniel Liebhart.