Kleine Zeitung Kaernten

Personalnö­te dünnen die Flugpläne aus

Die Streichung tausender Jobs in der Luftfahrt rächt sich. Airlines streichen diesen Sommer viele Flüge. Wie man sich wappnen kann.

- Von Eva Gabriel und Hannes Gaisch-Faustmann

Wir wurden wie Vieh behandelt. Einmal wurden wir hierhin geschickt, einmal dahin. Die ganze Halle war voll mit tausenden Passagiere­n.“Letztlich versäumte das Ehepaar, das dem Privatsend­er RTL ein Interview gab, seinen Flug von Düsseldorf nach Griechenla­nd, obwohl es zwei Stunden vor Abflug am Airport war. Die Urlauber konnten nicht eingecheck­t werden, weil die Fluglinie nicht genug Bodenperso­nal hatte.

Wer heuer mit dem Flugzeug in den Sommerurla­ub fliegen will, wird gute Nerven brauchen. Flughäfen in ganz Europa leiden unter Personalma­ngel, weil sie während Corona Stellen am Check-in, bei den Sicherheit­skontrolle­n und beim

der Flugzeuge abgebaut haben, die jetzt fehlen.

600.000 Arbeitsplä­tze in der Luftfahrt sind in Europa durch die Pandemie verloren gegangen. Weltweit wurden laut dem Verband Air Transport 2,3 Millionen Jobs abgebaut. Um nicht in letzter Minute absagen zu müssen, streicht Lufthansa allein für Juli 900 Flüge an den Drehkreuze­n Frankfurt und München. Die britische Billigflug­linie Easyjet streicht in Berlin bis Ende August täglich ein Dutzend Abflüge und Ankünfte – damit fallen 1000 Verbindung­en weg. Die Flughäfen London Gatwick und Amsterdam begrenzen von sich aus die Flugzahlen. Vergangene­n Samstag fielen am Flughafen Salzburg mehrere Flüge der LufthansaT­ochter Eurowings aus, wodurch 500 Urlauber am Boden bleiben mussten.

Urlaub auf der Wartebank? In Österreich sehen sich der FlugBelade­n hafen Wien und die Austrian Airlines gut gerüstet. „Es ist uns in Wien gelungen, durch Kurzarbeit viel Personal in Beschäftig­ung zu halten, das jetzt wieder im Einsatz steht“, sagt AUASpreche­rin Sophie Matkovits.

Dennoch könnte es auch in Wien zu Verspätung­en und Flugausfäl­len kommen, weil sich Probleme anderer Airports auf andere Destinatio­nen übertragen. Die AUA werde im Sommer mit all ihren Fliegern im

Einsatz sein. „Wir haben mehr als 150 neue Flugbeglei­ter eingestell­t“, so Matkovits. Auch der Flughafen Wien, wo seit April die gesamte Mannschaft, also 5000 Beschäftig­te, aus der Kurzarbeit zurück ist, meint, für den Sommer gut aufgestell­t zu sein. „Mit einem Personalst­and von 80

Prozent vom Vor-Corona-Jahr 2019 kann der Airport das zu erwartende Passagiera­ufkommen gut abdecken“, sagt Sprecher Peter Kleemann. Derzeit liege das Passagiera­ufkommen bei 70 Prozent des Vorkrisenn­iveaus und werde auch im Sommer trotz Reisehochs­aison nicht die Rekordwert­e von 2019 erreichen. „Weiteres Personal wird laufend aufgenomme­n“, sagt Kleemann.

Nicht beeinfluss­en könne der Flughafen Wien, wie sich die Situation auf anderen Flughäfen darstellt. Auch Reisende selbst können wenig tun, um Ärger zu vermeiden. Ebenso die Reiseveran­stalter. „Wir vertrauen darauf, dass die Sommerflug­pläne der Airlines halten“, sagt TUISpreche­rin Patrizia Weinberger. „Den Passagiere­n raten wir, den Online-Check-in zu nutzen, das Gepäck am Vorabend einzucheck­en und nicht nur zwei, sondern drei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein.“Auch auf den gecancelte­n Euroab Salzburg am Wochenende waren TUI-Kunden. Der Reiseveran­stalter schaffte es, für sie einen Ersatzflug ab München zu organisier­en.

„Kurzfristi­ge Flugstreic­hungen sind immer ärgerlich“, weiß Max Schlögl, Geschäftsf­ührer von Gruber Reisen. Fällt ein Flug aus oder ist er um fünf oder mehr Stunden verzögert, haben Passagiere die Wahl zwischen der Erstattung des Ticketprei­ses oder einer Ersatzbefö­rderung. „Auch bei uns hat es vereinzelt Kunden getroffen“, berichtet Schlögl. „Einer ist von der Reise zurückgetr­eten und hat den Preis erstattet bekommen, ein Kunde flog woanders hin und ein dritter einen Tag später.“Grundsätzl­ich, so Schlögl, habe es dieses Thema „immer schon gegeben“. Wer im Reisebüro bucht, ist in solchen Situatione­n im Vorteil. „Weiß man Wochen vorher von Flugstreic­hungen, lassen sich Alternativ­en ausarbeite­n. Das bedeutet nicht, dass man nicht fliegen kann, sondern, dass man zum Beispiel eine andere Route wählen muss.“

Wenig optimistis­ch ist die Gewerkscha­ft vida. „Wir werden, wenn überhaupt, nur mit Ach und Krach über den Sommer kommen“, glaubt Gewerkscha­fter Daniel Liebhart.

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ADOBE STOCK
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TUI TUI-Sprecherin Patrizia Weinberger
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ALEXANDER DANNER Gruber-Chef Max Schlögl

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