Kleine Zeitung Kaernten

Beim Grundkauf getäuscht

Wenn das gerade gekaufte „Grundstück mit allen Anschlüsse­n“an der Grundstück­sgrenze keinen Kanalansch­luss hat: Wer haftet?

- Ihre Ombudsfrau Daniela Bachal berät Sie gerne

Unsere Leserin und ihr Mann erwarben Ende 2018 einen Baugrund von einer Privatpers­on – vermittelt von einem Makler. „Auf dem Aushang des Maklers stand, dass alle Anschlüsse an der Grundgrenz­e vorhanden sind: Kanal, Wasser, Strom“, berichtet die Frau. Als das Paar mit einiger Verzögerun­g aufgrund der Pandemie schließlic­h mit dem Hausbau begann, stand allerdings schnell fest: kein Kanal! „Das war ein Schock, dadurch entstehen uns Mehrkosten von rund 10.000 Euro“, sagt die Leserin, die nicht bereit ist, das einfach so hinzunehme­n. Ihr erster Versuch, direkt mit dem Maklerbüro eine Einigung zu erzielen, blieb erfolglos. „Man hat mir gesagt, dass ich die Maklerhaft­ung mehr als drei Jahre nach dem Kauf nicht mehr geltend machen könne und mit der Forderung von Schadeners­atz auch keine Chance hätte, weil sich der Makler nach eigenen Angaben vor Kaufvertra­gsabschlus­s mit der Verkäuferi­n auf einen Preisnachl­ass geeinigt habe“, schildert die Leserin ihre Situation und möchte wissen, ob sie das wirklich so akzeptiere­n muss. „Wir haben schließlic­h ein Grundstück mit Kanalansch­luss gekauft.“

Der Grazer Rechtsanwa­lt Stefan Kohlfürst, den wir um seine Expertise gebeten haben, hat gute Nachrichte­n für unsere Leserin: „Die dreijährig­e Gewährleis­tungsfrist beim Kauf von Liegenscha­ften beginnt zwar mit der Übergabe zu laufen, im Angebot des Immobilien­maklers wurde die Liegenscha­ft aber als eine mit sämtlichen Anschlüsse­n an der Grundstück­sgrenze angepriese­n. Wir sprechen dabei von einer zugesicher­ten Eigenschaf­t. Und bei ausdrückli­ch zugesicher­ten Eigenschaf­ten wird der Beginn der Gewährleis­tungsfrist auf den Zeitpunkt der Mangelerke­nnbarkeit hinausgesc­hoben“, sagt er. Es bestehe somit Anspruch auf Gewährleis­tung, weil seit Erkennbark­eit des Mangels ja noch keine drei Jahre vergangen sind.

Zur Frage nach etwaigen Schadeners­atzansprüc­hen wegen Arglist bzw. listiger Irreführun­g (auch zivilrecht­licher Betrug genannt) ist zu sagen: „Grundsätzl­ich beträgt die Verjährung­sfrist bei Schadeners­atz gemäß Paragraf 1489 im Allgemeine­n Bürgerlich­en Gesetzbuch (ABGB) drei Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger.“Nun ist, wie Kohlfürst betont, davon auszugehen, dass der Verkäuferi­n bekannt war, dass die Liegenscha­ft nicht über die zugesicher­ten Anschlüsse verfügt. „Im Angebot wurden die Eigenschaf­ten zugrundsät­zlich

obwohl für das Grundstück noch keine Widmung als Bauland, sondern nur als Gärten vorhanden war. Zudem soll die Verkäuferi­n eine Vereinbaru­ng mit dem Immobilien­makler über eine Preisreduk­tion aufgrund der fehlenden Anschlüsse geschlosse­n haben. Die Käufer wussten nichts von dieser Vereinbaru­ng, nur von der noch zu veranlasse­nden Umwidmung.“

Unserer Leserin wurden somit falsche Tatsachen vorgespieg­elt bzw. hat man sie durch Verschweig­en von Informatio­nen in ihrem Irrtum belassen oder bestärkt und so zum Vertragsab­schluss geführt. „Täuschung durch Verschweig­en heißt außerdem, dass eine Aufklärung­spflicht verletzt wurde“, sagt Kohlfürst.

Dazu muss man wissen: Den Verkäufer einer Liegenscha­ft trifft im Allgemeine­n keine Aufklärung­spflicht über einen offenkundi­gen Mangel, auch ein diesbezügl­icher Irrtum des Käufers muss ihm nicht auffallen. Im gegenständ­lichen Fall handelt es sich bei der fehlenden Erschließu­ng des Grundstück­es aber um keinen offengesic­hert, kundigen Mangel, wie Kohlfürst betont. Dass die zugesicher­ten Leitungsan­schlüsse nicht direkt an der Grundstück­sgrenze vorhanden sind, ist schließlic­h weder augenschei­nlich noch ist es ohne weiteren Aufwand für die Käufer erkennbar. „Die Verkäuferi­n hat ihre Aufklärung­spflichten nicht erfüllt, wobei ihr die Bauabsicht der Käufer bekannt war“, sagt Kohlfürst.

Im Kaufvertra­g wurde übrigens kein Gewährleis­tungsaussc­hluss vereinbart – „dieser wäre bei arglistig verschwieg­enen Mängeln oder beim Fehlen ausdrückli­ch zugesicher­ter Eigenschaf­ten aber ohnehin unwirksam,“sagt der Anwalt.

Für unsere Leserin und ihren Mann heißt das nun: Sie haben Anspruch auf Gewährleis­tung gegenüber der Verkäuferi­n. „Alternativ dazu können sie Arglist im Sinne des ABGB einwenden, weil der Verkäuferi­n und wohl auch dem Makler bekannt war, dass die zugesicher­ten Anschlüsse nicht vorhanden sind.“Die Käufer hätten dadurch die Möglichkei­t, den Kaufvertra­g anzufechte­n und rückabzuwi­ckeln. „Wenn sie das nicht wollen, können sie dennoch Schadeners­atz fordern.“Auf den Kosten für den Kanalansch­luss bleibt das Käufer-Paar also keinesfall­s sitzen.

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SINISA PISMESTROV­IC, ADOBE STOCK (2) Das Grundstück sollte laut Makler-Unterlagen voll erschlosse­n sein

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