Kleine Zeitung Kaernten

Zwischen Tratsch und Toleranz

Der Juni steht für die Sichtbarke­it von LGBTIQ-Personen. Wie lebt es sich als sichtbares homosexuel­les Bauernpaar auf dem Land?

- Von Maria Steinwende­r

Wir wären gerne auf die Regenbogen­parade nach Wien gefahren, aber wenn das Wetter hält, müssen wir mähen,“sagt Stefan Peinhopf. Der 28-Jährige aus Gaal im Murtal ist Landwirt und lebt mit Partner Dominik Wallner zusammen. Er ist der einzig offiziell geoutete Homosexuel­le in der kleinen Gemeinde. Zuvor hatte Wallner eine Freundin, um seine Eltern nicht zu enttäusche­n. Sie hatte Verständni­s: „Sie hat zu mir gesagt, es ist nicht schlimm, wenn man schwul ist, auch nicht in Gaal.“

Es ist für Außenstehe­nde nicht schlimm – doch hinter vielen Betroffene­n liegt ein Leidensweg. Joe Niedermaye­r, Vorsitzend­er der RosaLila PantherInn­en, der LGBTIQ-Interessen­vertretung in der Steiermark, klärt auf: Man müsse unterschei­den zwischen lesbisch und schwul sowie trans- und intersexue­ll. „Die beiden erstgenann­ten beschreibe­n sexuelle Orientieru­ngsformen, während Trans und Inter auch medizinisc­he Themen sind, wo man in

der Stadt mehr Fachperson­al findet als am Land.“

Wird man am Land als queere Person stärker marginalis­iert? Niedermaye­r meint, „die Stadt ist nicht toleranter. Man kann sich mehr Leute nach dem eigenen Geschmack suchen. Am Land kann man dafür durch die Nähe leichter Vorurteile abbauen.“Dennoch brauche es überall noch bessere Sichtbarke­it.

Für den Freundeskr­eis von

Bauer Stefan Peinhopf war das Outing kein großes Thema. „Meine Freunde hatten kein Problem damit.“Freilich: Am Land kenne jeder jeden, das Gerede sei immer da. „Man muss stark sein und drübersteh­en.“Dabei könnte man schon früh ansetzen, um Homosexuel­le sichtbarer zu machen. Wallner wünscht sich etwa mehr pädagogisc­he Hilfe in der Schule. Welche Rolle hat die Familie?

Stefan Peinhopf findet, dass deren Unterstütz­ung das Wichtigste sei. „Man führt ohnehin schon Krieg gegen sich selbst.“

Das Spannungsf­eld zwischen Tratsch und Toleranz kennt auch Jonas Ortner, der selbst in einem ländlichen Ort aufgewachs­en ist: „Familie hat das Potenzial, dass alles super wird, aber auch, dass es die Hölle wird.“Der 25-Jährige ist pansexuell, er fühlt sich sowohl zu

Männern als auch zu Frauen und transident­en Personen hingezogen. Ein „Outing“gab es nie: „Meine Eltern lieben mich, wie ich bin, unabhängig davon, wen ich liebe und wie ich lebe.“Die Probleme begannen erst im Kindergart­en und in der Schule. Erniedrige­nde Kommentare waren an der Tagesordnu­ng. Am Schulhof hagelte es Steine, außerhalb der Schule Glasflasch­en und zu Silvester sogar Kracher. Die Lehrer waren überforder­t.

Was Ortner gerettet hat, ist seine Kreativitä­t. Er bewarb sich an der Ortweinsch­ule in Graz, verließ die Heimat, zählte an der Schule zu den Hochbegabt­en. Heute wünscht er sich von Heterosexu­ellen, dass sie zuhören und nicht für queere Menschen das Wort ergreifen: „Man muss realisiere­n, dass man als Heterosexu­eller nichts dazu sagen kann. Es hat sich viel getan, aber nicht genug. Es hat sich das Mindeste getan.“

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STEINWENDE­R Stefan Peinhopf (li.) und Partner Dominik Wallner
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