Klimakrise: Wirtschaft unterschätzt sie noch
Viele sehen Energiepreise als existenzbedrohend, der Klimawandel scheint weit weg.
Eine Umfrage unter 400 Top-Führungskräften in Österreich offenbart, dass aufgrund des Klimawandels noch vergleichsweise wenige Unternehmen unmittelbaren Handlungsbedarf für ihr Geschäftsmodell sehen. Nur ein Viertel der Unternehmen geht von rasch notwendigen Umstellungen aus. Wie diese auch noch konkret aussehen könnten, weiß wiederum lediglich ein Drittel. So arbeite fast niemand an der Umstellung von Lieferketten.
„75 Prozent der Unternehmen sehen in der Klimakrise keine Gefahr,“sagt Alexander Kainer, Partner des Beratungskonzerns Deloitte. Viele wiegten sich offenbar in trügerischer Sicherheit. „Das ist sehr spannend,“so Kainer, „denn wenn man sie fragt, wie viel Gewinn sie denn bei einem Szenario von drei Grad Klimaerwärmung verlieren könnten, dann erwartet mehr als die Hälfte Einbußen von mindestens 20 Prozent.“Oft wurden sogar Einbußen von mehr als 50 Prozent genannt. Die Folgen davon wären weitreichend: Deutlich schwächere Wirtschaftsleistungen bringen durch geringeres Steueraufkommen auch den Sozialstaat unter Druck.
Laut der Sora-Umfrage im Auftrag von Deloitte erwarten 72 Prozent der Unternehmen nicht mehr, dass die Pariser Klimaziele mit maximal 1,5 Grad Erderhitzung noch erreichbar sind. „Wir sehen da eine gewisse Trendwende“, so Sora-Chef Christoph Hofinger. Habe etwa die Industrie früher immer den Eindruck gemacht, den Optimismus gepachtet zu haben, dominiere jetzt große Unsicherheit.
Die Explosion der Energiepreise dürfte daran maßgeblichen Anteil haben. Bereits acht Prozent der Unternehmen sehen in den Preisen eine Existenzbedrohung, weitere 21 Prozent finden sie „ziemlich existenzbedrohend“.
In Kostenmodellen versucht Deloitte die rein wirtschaftlichen Vor- und Nachteile bis 2070 zu skizzieren: Bei starkem Gegensteuern gegen die Klimaerwärmung gebe es durch massive Investitionen positive Wirtschaftseffekte in Österreich in Höhe von 300 Milliarden Euro. Werde nichts getan und steige die globale Temperatur bis 2070 um drei Grad, drohen dagegen Krisenkosten von 100 Milliarden Euro sowie ein Verlust von 900.000 Jobs. Allgemein sei mit geringerer Produktivität zu rechnen. Für jeden Einzelnen steige die Arbeitsbelastung. Komme es zu Mobilitätseinschränkungen, dürften zum Beispiel auch viel weniger Touristen nach Österreich reisen.
Zur Finanzierung der Transformation sei der CO2-Preis unabdingbar. „Dieses Geld muss aber 1:1 zurückgegeben werden“, so Kainer. Sonst sei das für Unternehmen nicht zu schaffen.