Kleine Zeitung Kaernten

Wenn Politik krank macht

Erst in den letzten Jahren wurde Krankheit enttabuisi­ert.

- Max Miller

Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP) muss für mehrere Wochen in den Krankensta­nd. Dass Politiker mit Erkrankung­en offen umgehen, ist relativ neu, lange war es ein Tabu. Geheim gehalten wurde etwa das Nierenleid­en von Bundeskanz­ler Bruno Kreisky (SPÖ), das ihn Anfang der 1980er-Jahre regelmäßig zur Dialyse zwang. Außenminis­ter Alois Mock (ÖVP) versuchte, seine Parkinson-Erkrankung zu überspiele­n.

Das hat sich geändert: Vizekanzle­r Josef Pröll (ÖVP) ging 2011 nach einer Lungenembo­lie. Nationalra­tspräsiden­tin Barbara Prammer und Gesundheit­sministeri­n Sabine Oberhauser (beide SPÖ) machten ihre Krebserkra­nkungen öffentlich, gaben ihre Ämter aber nicht auf – sie verstarben in ihrer Amtszeit.

Nun sind körperlich­e Leiden schwer direkt mit der Politik in Verbindung zu bringen, psychische Belastung aber umso mehr. Risikofakt­oren lesen sich teils wie die Berufsbesc­hreibung für Spitzenpol­itiker: Arbeitsübe­rlastung, Zeitdruck, fehlende Wertschätz­ung oder ständige Erreichbar­keit.

Die Spitzenpol­itik mache allein aber „sicher nicht“krank, sagt der systemisch­e Psychother­apeut Bernhard Diwald vom Institut für Burnout-Prävention (iBOP) in Graz, „aber ein ungeeignet­er Umgang mit den Herausford­erungen, die einem zuteilwerd­en“. Psychische Belastung von Politikern wurde durch Ex-Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) enttabuisi­ert. Anschober war schon als Landesrat in Oberösterr­eich 2012 in Auszeit gegangen, weil er an einem Burnout litt. Im März 2021 stand sein Körper erneut am Limit: Bereits Anfang März hatte der Gesundheit­sminister steigende Blutdruckw­erte, Zuckerwert­e und beginnende­n Tinnitus, ein Kreislaufk­ollaps war die Folge. Aus seiner Erfahrung mit Betreuung und Coaching von Führungskr­äften mache es in den wenigsten Fällen Sinn, nach einer Auszeit in dieselbe Leitungspo­sition zurückzuke­hren, sagt der Psychother­apeut Diwald: „Es funktionie­rt meistens nicht.“Man könne eine Auszeit durchaus als Crisis-Management betrachten, um die Situation nicht weiter zu verschlimm­ern, sagt Diwald, „aber die Themen wiederhole­n sich“.

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APA Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Wallner ist erkrankt

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