Schwarze Schwindsucht
Die Zeit, in der die ÖVP von Wahlsieg zu Wahlsieg geeilt ist, egal, ob lokal, regional oder national gewählt wird, ist Geschichte. Frankreich zeigt, wohin die Reise gehen kann.
Jetzt ist schon wieder was passiert. Innerhalb von drei Wochen hat der dritte ÖVPLandeshauptmann die Öffentlichkeit mit einem persönlichen Statement überrascht. Nach Schützenhöfer und Platter hat der Vorarlberger Wallner kundgetan, dass er sich vorübergehend aus der Politik zurückzieht.
Ob Wallner nach einer Auszeit wieder ins Landhaus zurückkehrt oder ob es ein Rücktritt auf Raten ist, steht in den Sternen. Den überraschenden Schritt hat der Vorarlberger nach eigenen Angaben aus gesundheitlichen Gründen vollzogen. Sein Arzt habe ihm dringend geraten, sich über den Sommer eine Auszeit zu nehmen. In der Zwischenzeit führt Wallners Stellvertreterin die Amtsgeschäfte. Spekulationen über mögliche Nachfolger sind fehl am Platz und pietätlos.
Wallner wäre nicht der erste Spitzenpolitiker, der nach einer Auszeit in die Politik zurückkehrt. Ausgerechnet die beiden Gesundheitsminister, Rudolf Anschober und Johannes Rauch, haben sich als Landesräte aus gesundheitlichen Gründen für einige Monate aus der
Arena zurückgezogen. Das nötigt Respekt ab, denn sich öffentlich einzugestehen, dass man physisch und psychisch am Limit ist, widerspricht der Gesetzmäßigkeit der Politik und gilt als Eingeständnis des Scheiterns. Wer auf dem Rummelplatz der politischen Macht Schwäche zeigt, hat im Regelfall verloren. Politiker haben sich ein dickes Fell antrainiert.
Man darf davon ausgehen, dass Wallners Rückzug in engerem Zusammenhang mit den schweren Vorwürfen gegen den Vorarlberger Wirtschaftsbund steht. Als ÖVP-Chef stand Wallner zuletzt deshalb massiv unter Druck. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft wie auch der Rechnungshof, der von einer ehemaligen ÖVP-Kabinettschefin angeführt wird, haben erhebliche Zweifel angemeldet, ob im Ländle bei der Inseratenvergabe und darüber hinaus alles rechtens war.
So unterschiedlich die Motivlage der drei Landeshauptleute denn auch ist, eine Klammer gibt es allemal: Der ÖVP bläst ein eisiger Wind ins Gesicht. Ausgerechnet Sebastian Kurz hatte den Herren Schützenhöfer, Platter und Wallner mitunter spektakuläre Zugewinne bei Landtagswahlen beschert. Das deutliche Plus war dem KurzEffekt zuzuschreiben. Kurz ist es allerdings zu verdanken, dass der Rückenwind in einen scharfen Gegenwind umgeschlagen hat. Platter trat ab in der Hoffnung, dass sein Nachfolger die Partei vor einer krachenden Niederlage bewahrt. Schützenhöfer wählte den jetzigen Moment, um seinem Nachfolger die Zeit für den nötigen Popularitätszugewinn zu verschaffen. Ob Wallner, sollte er zurückkehren, die ÖVP in die nächste Wahl führt, bleibt offen. ie Zeit, in der die Volkspartei von Wahlsieg zu Wahlsieg eilte, egal, ob lokal, regional, national gewählt wird, ist vorbei. Frankreich zeigt, wohin die Reise führt, wenn eine staatstragende Partei das Vertrauen der Wähler verloren hat: in die politische Bedeutungslosigkeit.
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