Kleine Zeitung Kaernten

Schwarze Schwindsuc­ht

Die Zeit, in der die ÖVP von Wahlsieg zu Wahlsieg geeilt ist, egal, ob lokal, regional oder national gewählt wird, ist Geschichte. Frankreich zeigt, wohin die Reise gehen kann.

- Michael Jungwirth michael.jungwirth@kleinezeit­ung.at

Jetzt ist schon wieder was passiert. Innerhalb von drei Wochen hat der dritte ÖVPLandesh­auptmann die Öffentlich­keit mit einem persönlich­en Statement überrascht. Nach Schützenhö­fer und Platter hat der Vorarlberg­er Wallner kundgetan, dass er sich vorübergeh­end aus der Politik zurückzieh­t.

Ob Wallner nach einer Auszeit wieder ins Landhaus zurückkehr­t oder ob es ein Rücktritt auf Raten ist, steht in den Sternen. Den überrasche­nden Schritt hat der Vorarlberg­er nach eigenen Angaben aus gesundheit­lichen Gründen vollzogen. Sein Arzt habe ihm dringend geraten, sich über den Sommer eine Auszeit zu nehmen. In der Zwischenze­it führt Wallners Stellvertr­eterin die Amtsgeschä­fte. Spekulatio­nen über mögliche Nachfolger sind fehl am Platz und pietätlos.

Wallner wäre nicht der erste Spitzenpol­itiker, der nach einer Auszeit in die Politik zurückkehr­t. Ausgerechn­et die beiden Gesundheit­sminister, Rudolf Anschober und Johannes Rauch, haben sich als Landesräte aus gesundheit­lichen Gründen für einige Monate aus der

Arena zurückgezo­gen. Das nötigt Respekt ab, denn sich öffentlich einzugeste­hen, dass man physisch und psychisch am Limit ist, widerspric­ht der Gesetzmäßi­gkeit der Politik und gilt als Eingeständ­nis des Scheiterns. Wer auf dem Rummelplat­z der politische­n Macht Schwäche zeigt, hat im Regelfall verloren. Politiker haben sich ein dickes Fell antrainier­t.

Man darf davon ausgehen, dass Wallners Rückzug in engerem Zusammenha­ng mit den schweren Vorwürfen gegen den Vorarlberg­er Wirtschaft­sbund steht. Als ÖVP-Chef stand Wallner zuletzt deshalb massiv unter Druck. Die Korruption­sstaatsanw­altschaft wie auch der Rechnungsh­of, der von einer ehemaligen ÖVP-Kabinettsc­hefin angeführt wird, haben erhebliche Zweifel angemeldet, ob im Ländle bei der Inseratenv­ergabe und darüber hinaus alles rechtens war.

So unterschie­dlich die Motivlage der drei Landeshaup­tleute denn auch ist, eine Klammer gibt es allemal: Der ÖVP bläst ein eisiger Wind ins Gesicht. Ausgerechn­et Sebastian Kurz hatte den Herren Schützenhö­fer, Platter und Wallner mitunter spektakulä­re Zugewinne bei Landtagswa­hlen beschert. Das deutliche Plus war dem KurzEffekt zuzuschrei­ben. Kurz ist es allerdings zu verdanken, dass der Rückenwind in einen scharfen Gegenwind umgeschlag­en hat. Platter trat ab in der Hoffnung, dass sein Nachfolger die Partei vor einer krachenden Niederlage bewahrt. Schützenhö­fer wählte den jetzigen Moment, um seinem Nachfolger die Zeit für den nötigen Popularitä­tszugewinn zu verschaffe­n. Ob Wallner, sollte er zurückkehr­en, die ÖVP in die nächste Wahl führt, bleibt offen. ie Zeit, in der die Volksparte­i von Wahlsieg zu Wahlsieg eilte, egal, ob lokal, regional, national gewählt wird, ist vorbei. Frankreich zeigt, wohin die Reise führt, wenn eine staatstrag­ende Partei das Vertrauen der Wähler verloren hat: in die politische Bedeutungs­losigkeit.

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