Salzburg als Motor der Fußballmarkt-Evolution
In den Topligen Europas kommt es wie gewohnt zu sauteuren Rochaden auf dem Spielermarkt. Österreichs Meister ist fast immer irgendwie beteiligt. Für wen wird es sich diesmal auszahlen?
Der Sport, der alles ermöglichen kann, kennt viele solcher oder ähnlicher Geschichten. Geboren in einem Armenviertel im Norden von Uruguay, aufgewachsen am Rande der Gesellschaft in einer „Favela“, die so genannt wird, weil der Ort (Artigas) unmittelbar an Brasilien grenzt. Sein Name klingt programmatisch, denn Darwin Núñez ist ein Paradebeispiel für die Evolution eines Fußballers. Dass er so heißt, hat der junge Mann (22) allerdings nicht dem Begründer
berühmten Theorie zu verdanken. Seine Eltern wollten damit einen verstorbenen Freund der Familie in Ehren halten, vielleicht kommt Charles Darwin ja doch noch um die Ecke.
Der Junior kratzte jedenfalls die Kurve, aber so richtig. Er ließ seine Vorfahren nicht im Stich, denn der Straßenkicker entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zum – bisher – teuersten Fußball-Profi der laufenden Periode. Alles zusammengerechnet war Darwin dem FC Liverpool 100 Millionen Euro wert. 75 Millionen wurden für den Stürmer direkt an Benfica nach Lissabon überwiesen, der Rest ist noch von verschiedenen Variablen abhängig. Darwin tritt in große Fußstapfen, denn der Klub von Jürgen Klopp muss durch den Abgang von Sadio Mané eine Lücke schließen, dessen Spur nach München führt. Dort, in der AllianzArena, wurde der 30-Jährige am Mittwoch als neuer Stürmerstar des FC Bayern, wo Robert Lewandowski auf die
Sadio Mané, einst Salzburg, nun FC Bayern
Freigabe für Barcelona wartet, präsentiert. 32 Millionen zahlte der Rekordmeister für den Champions-League-Sieger von 2019. Der Senegalese, von 2012 bis 2014 bei Salzburg fein geschliffen, ist ein Vorzeigefußballer, der einen ungewöhnlichen Weg beschreitet. Von der Premier League in die Deutsche Bundesliga zu wechseln, gilt als nicht alltäglicher Vorgang.
Die umgekehrte Richtung hingegen gehört zum Standard in der von der Finanzkraft gelenkten Fußballwelt. An diese strukturelle Vorgabe hielt sich Erling Haaland, der von Borussia Dortmund zu Manchester City aufstieg, in die Eliteeinheit des Pep Guardiola. Mit der festgeschriebenen Ablösesumme von 75 Millionen musste der englische Meister für den norwegischen Torjäger nur die Hälfte des Marktwerts hinblättern, eine Parallele zu Mané. Erling nimmt die Fährte seines Vaters Alf-Inge auf, nur auf höherer Ebene. Der Senior ist seinerzeit mit City abgestiegen. Als Entschädigung für Haaland haben sich die Dortmunder mit Karim Adeyemi eingedeckt, damit der seit Jahren vor allem von Salzburg in Betrieb gehaltene Spieler-Kreislauf aufrechterhalten bleibt. Die Red-Bull-Börse läuft auch in dieser Transferpeder
riode auf Hochtouren, nicht nur durch den Direktverkauf von Brenden Aaronson (32,5 Millionen) und Rasmus Kristensen (13 Millionen) in die Premier League an Leeds United. Den Anteil am Haaland-Weiterverkauf miteingerechnet, sind die Salzburger mit einem Transferüberschuss von 90 Millionen in diesem Segment aktuell die Nummer eins in Europa.
Und wer gewinnt in der kommenden Saison die Champions League? Wird neuerlich Real Madrid alle englischen Investitionen über den Haufen werfen? Untätig waren die Spanier freilich auch nicht. Für den kürzlich mit Frankreich in der ErnstHappel-Arena zu Wien vorstellig gewordenen 22-jährigen Aurelien Tchouameni wurden an Monaco 80 Millionen überwiesen, dafür kostete der deutsche Teamverteidiger Antonio Rüdiger die
Spanier keinen Cent. Manchester City will mit Haaland den nächsten Anlauf unternehmen, Gleiches gilt für Paris St. Germain, das am Trio Neymar, Mbappé, Messi festhält. Mit hoher Wahrscheinlichkeit holt Inter Mailand Romelu Lukaku von Chelsea zurück, zunächst wird der im Vorjahr um 113 Millionen nach London transferierte Belgien-Torjäger ausgeliehen.
Die Österreicher halten sich noch zurück, der 12-MillionenTransfer von Xaver Schlager – schon wieder ein Ex-Salzburger – von Wolfsburg nach Leipzig war bisher das Höchste der Gefühle. Konrad Laimer, u. a. bei den Bayern und bei Manchester United im Gespräch, könnte ihn toppen. Bologna-Legionär Marko Arnautovic´ wird mit Juventus in Verbindung gebracht.