Kleine Zeitung Kaernten

Zwischen Show und eigener Verantwort­ung

Die ATP erlaubt nach Wimbledon Coaching während des Spiels. Eine Entscheidu­ng, welche die Tennis-Geister scheidet.

- Von Alexander Tagger

Im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten durfte sich Tennis stets damit rühmen, dass die Spieler für das Lösen ihrer Probleme selbst verantwort­lich sind. Sprich, eine Unterstütz­ung des Trainers während einer Partie war verboten und wurde bei Missachtun­g mit einem „Warning“bis hin zu einem Punkteabzu­g bestraft.

Im Damen-Tennis wurde diese Regel erstmals durchbroch­en, als man es den Betreuern erlaubte, einmal pro Satz während eines Seitenwech­sels auf den Platz zu kommen und seinen Schützling zu unterstütz­en. Dies mit Mikrofon, sodass auch das Publikum im Stadion und vor den TV-Geräten live mitverfolg­en kann, was der Coach zu sagen hat. Anfang 2020 ging die WTA sogar noch einen

Schritt weiter und führte das Coaching von der Tribüne bzw. aus der Spielerbox aus ein.

Etwas überrasche­nd hat nun auch die Spielerver­einigung der Männer (ATP) bekannt gegeben, unmittelba­r nach Wimbledon und vorerst bis Jahresende das Coaching zu erlauben. „Es hat immer wieder geheißen, Tennis sei der einzige Sport, wo man nicht coachen darf. Doch ist das nicht mehr zeitgemäß“, sagt ATP-Board-Director Herwig Straka. „Dem gegenüber steht aber die Eigenveran­twortung der Spieler. Das sind zwei Extreme, die wir nun versuchen, zu vereinen.“Fakt ist, dass Coaching so oder so schon immer stattgefun­den hat – sei es mit Zeichenspr­ache oder durch Zurufen. Straka: „Deshalb haben wir diesen Bereich jetzt legalisier­t.“

Allerdings gibt es genaue Vorgaben: So muss sich der

Trainer an einem dafür vorgesehen­en Sitzplatz befinden und das Coaching darf nicht während eines Ballwechse­ls passieren. Verbales Coaching ist nur dann erlaubt, wenn sich der Spieler auf derselben Seite wie sein Betreuer befindet, nonverbale­s Coaching, wie etwa Signale mit der Hand, darf hingegen immer erfolgen.

Zudem muss das Coaching kurz gehalten werden, es darf keine richtige Konversati­on entstehen, und wenn ein Spieler den Court verlässt, darf der Trainer keinen Kontakt mit dem Profi aufnehmen. Sollten diese Regeln nicht eingehalte­n werden, werden Strafen oder Bußgelder verhängt. Überprüft werden soll der regelkonfo­rme Ablauf des Coachings laut Straka vom Schiedsric­hter.

Auf den Einsatz eines Mikrofons wird bei der ATP jedoch verzichtet. „Das scheitert an den

Sprachbarr­ieren. Eine Studie besagt, dass 75 Prozent der Coaches kein entspreche­ndes Englisch sprechen. Da wird das Zuhören schwierig und erfüllt nicht den Sinn der Sache. Außerdem ist es nicht zielführen­d, wenn der Trainer mit seinem Spieler in einer Sprache sprechen muss, die er kaum beherrscht“, sagt der Grazer Straka, der betont, dass es am Ende des Jahres eine Auswertung des Experiment­s geben und man dann beschließe­n würde, ob das Coaching weiterhin erlaubt sein soll.

Klar ist, dass das Coaching die Tennisfami­lie spaltet. Die einen sehen darin hinsichtli­ch Show und Vermarktun­g einen Mehrgewinn für den Sport, die anderen den Abschied von der Eigenveran­twortung der Spieler, die von nun an von ihren Coaches quasi bei der Hand genommen und durch das Match geführt werden können.

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 ?? APA ?? Im DamenTenni­s ist „On-CourtCoach­ing“seit Mitte der 2000er erlaubt. Im Bild Amelie Mauresmo 2007 in Paris mit Trainer Loic Courteau
APA Im DamenTenni­s ist „On-CourtCoach­ing“seit Mitte der 2000er erlaubt. Im Bild Amelie Mauresmo 2007 in Paris mit Trainer Loic Courteau

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