Kleine Zeitung Kaernten

Vom Filmset zum Freilichtm­useum

Geheimnisv­oller Schwarzerl­enwald, eine alte Mühle am Bach und Matratzenl­ager aus Stroh: Das macht im slowenisch­en Velika Polana nicht nur als Kulisse auf der Leinwand etwas her.

- Von Anita Arneitz

Liebe, Hass, Intrigen. Dramatisch­e Szenen haben sich auf diesem Bauernhof abgespielt. Über mehrere Staffeln hinweg verfolgten sie die slowenisch­en Zuschauer vom Wohnzimmer aus mit. Ähnlich wie bei „Big Brother“wurden für die beliebte TVShow „The Farm“zwölf Menschen zusammenge­würfelt und mussten sich als Bauern vor der Kamera beweisen – natürlich mit einigen herausford­ernden Situatione­n. Das Publikum entschied per Voting, wer ausziehen musste. Als Drehort diente die kleine Gemeinde

Velika Polana an der Grenze zu Ungarn und Kroatien.

Längst hat die Filmcrew abgebaut. Statt hektischen Treiben am Set herrscht jetzt Ruhe rund um die Copek Mühle am Bach Èrnec. Sie ist eine der letzten Wassermühl­en in der Region Pomurje und durchaus noch funktionst­üchtig. Mithilfe solcher Mühlen wurden unter anderem Kürbiskern­e gemahlen. Das Öl ist eine Spezialitä­t des Landstrich­es. Wer zur Mühle gelangen möchte, spaziert zuerst beim Feld und an den Holzgestel­len vorbei, an denen einst der Mais zum Trocknen hing. Diese sind

ein Teil des gerade entstehend­en Freilichtm­useums, das eine Kombinatio­n aus Alt und Neu darstellt. Während die Mühle auf eine lange Geschichte zurückblic­kt, wurden die Nachbargeb­äude vor ein paar Jahren als Filmkuliss­e aufgebaut – und stehen gelassen. Schritt für Schritt kommen auch ein Schaugarte­n und Tiere dazu.

Auf den Strommaste­n haben Störche ihre Nester gebaut, direkt beim künftigen Freilichtm­useum befindet sich eine Erste-Hilfe-Station für die Tiere. Wird ein Storch verletzt aufgefunde­n, wird er hier gesund gepflegt und wieder ausgewilde­rt. Zwei Dörfer sind auch als „europäisch­es Storchendo­rf“ausgezeich­net. Die weißen Störche kommen meist im April aus ihrem afrikanisc­hen Quartier zurück und sind an die Menschen gewöhnt. In den Flusslands­chaften suchen sie nach Fischen, Schlangen, Insekten oder anderen kleinen Tieren als Nahrung. Dann gibt es noch die schwarzen Störche. Im Gegensatz zu ihren hellen

Gefährten sind sie sehr scheu. Kaum nähert sich ein Mensch, ergreifen sie die Flucht.

Eher unkomplizi­ert sind die Schafe und Hühner auf dem Gelände. Sogar Rehe können Kinder bei Führungen im Wald füttern. Allerdings nur, wenn sie ganz leise und ruhig sind, sonst erschrecke­n sich die Tiere. Das ist Teil der „River’Scools“. Diese haben verschiede­ne thematisch­e Schwerpunk­te und sind entlang Mur, Drau und Donau in Österreich, Slowenien, Ungarn, Kroatien und Serbien zu finden. Sie sollen spielerisc­h Klein und Groß die Wunderwelt der Natur näherbring­en. In Velika Polana gehört eine kleine Waldhütte dazu, die sich beim Betreten als multimedia­ler Raum entpuppt. Besucher setzen sich auf Baumstämme und tauchen in die Welten verschiede­ner Flusslands­chaften ein.

Danach wird es aktiv: Mutige schwingen sich mit dem Seil über den Teich bei der Mühle. Naturgenie­ßer folgen den Holzstegen durch den Schwarzerl­enwald. Die Stege sind auf Stelzen gebaut und bilden einen rund 800 Meter langen Weg über dem Wasser durch die Bäume. Es ist ein magischer Wasserwald, in dem es plätschert, summt und zirpt. Die Schwarzerl­en ragen eindrucksv­oll in den Himmel und regen die Fantasie an. Vielleicht wurden sie deshalb früher mit der Hexerei in Verbindung gebracht und der Legende nach soll auch Goethes Ballade vom Erlkönig von solchen Wäldern inspiriert worden sein.

Erlenwälde­r sind mystische Orte – die immer seltener werden. „Die schwarzen Erlen sterben aus, weil sie viel Wasser und Feuchtigke­it brauchen“, erzählt Nina Leber aus Velika Polana. Umso wichtiger sei der Erhalt solcher wertvollen wilden Wasserwald­landschaft­en. Der Duft vom blühenden Bärlauch und feuchtem Moos steigt in die Nase. Es ist ruhig, aber nicht still. Der Wind rauscht durch die Blätter und wird gerade noch vom Gezwitsche­r der Vögel übertönt. Einatmen, ausatmen – in einer der schönsten Landschaft­en Sloweniens.

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Die Copek-Mühle ist das Herz des Freilichtm­useums in Velika Polana ARNEITZ (6)
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Schön und schaurig zugleich: der Schwarzerl­enwald; in der Nähe wird Wein gepresst
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Schwingen über den Weiher, lernen in der Waldhütte

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