Suche nach Meteorit Nummer neun
Feuerkugel war über Mitteleuropa zu sehen. Laut Astronomen stürzten Teile des Meteoriten über Kärnten ab.
Es ist die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen. Doch Ludovic Ferrière will nichts unversucht lassen. Der Kurator der Meteoritensammlung des Naturhistorischen Museums (NHM) in Wien ist dafür gestern höchstpersönlich nach Kärnten gereist. „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen“, schildert er aufgeregt. Was ihm den Schlaf raubte? In der Nacht von Donnerstag auf Freitag ist ein Meteor am Himmel explodiert. Bruchstücke davon werden nun zwischen Eis bei Ruden und Draurain im Bezirk Völkermarkt vermutet.
Die spektakuläre Feuerkugel erhellte den Nachthimmel in Mitteleuropa. In Österreich, Deutschland, der Slowakei, Ungarn, Tschechien, Slowenien und Italien war der Meteor zu sehen. Der rund 120 Kilogramm schwere Himmelskörper trat um 2.10 Uhr in die Erdatmosphäre ein und begann in einer Höhe von rund 90 Kilometern über dem Ort Zanitzen im Bezirk Murtal in der Steiermark zu leuchten. Zu dieser Zeit bewegte er sich mit einer Geschwindigkeit von etwas mehr als 18 Kilometern pro Sekunde und flog weiter in südlicher Richtung. Als Feuerkugel leuchtete der Himmelskörper über eine Strecke von fast 83 Kilometern rund 5,5 Sekunden lang.
Experten zufolge dürfte der Meteor nicht vollständig verglüht sein. Tschechische Astronomen gehen daher davon aus, dass Teile in Kärnten den Boden erreicht haben. Mithilfe von Foto- und Videoaufnahmen von 17 Stationen des europäischen Netzwerks zur Beobachtung von Feuerkugeln konnten Forscher des Astronomischen Instituts der tschechischen Akademie der Wissenschaften schließlich nicht nur die Flugbahn des Meteors durch die Atmosphäre präzise beschreiben, sondern auch Informationen über seine Zusammensetzung erlangen. Demnach handelte es sich um einen Steinmeteoriten. Er ist Teil des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter. „Die Feuerkugel wurde auch von einer Reihe spezialisierter Meteorkameras des AllSky7 Feuerballnetzes und des Meteorbeobachtungsnetzwerks FRIPON aufgenommen,“erklärt Ferrière.
Sensation. Der gebürtige Franzose spricht von einer Sensation. Denn in ganz Österreich wurden in den vergangenen 250 Jahren erst acht Meteoritensteine gefunden, der letzte im Juli des Vorjahres in Kindberg im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag. Acht Monate zuvor, am 19. November 2020, war damals die Feuerkugel über Österreich zu sehen gewesen. 233 Gramm brachte das gefundene Fragment des außerirdischen Ankömmlings auf die Waage, es war der erste derartige Fund in Österreich seit dem Jahr 1977.
Geduld und wohl eine Extraportion Glück wird es brauchen, um auch den Kärntner Meteoriten zu finden. Ferrière schätzt, dass
In den vergangenen 250 Jahren wurden in Österreich nur acht Meteoritensteine gefunden, der letzte im Vorjahr in der Steiermark.
Es gibt kein Gesetz, das den Fund regelt. Teile könnten so in den Händen privater Sammler landen. Ludovic Ferrière
die Teile ungefähr die Größe eines Hühnereies haben könnten. Aber auch melonengroße Stücke sind nicht auszuschließen.
Um die Bevölkerung zu informieren, teilte er gestern Nachmittag im betroffenen Gebiet Flugzettel aus. Mit der Bitte, ungewöhnliche Gesteinsfunde an ihn zu melden (ludovic.ferriere@nhm.at). Denn weil es in Österreich kein Gesetz gibt, das deren Fund regelt, befürchtet der NHM-Kurator, dass etwaige Teile in den Händen privater
Meteoritensammler und nicht im Museum landen. „Ich habe extra ein Meteoritenstück dabei, um den Leuten zu zeigen, wie so etwas aussieht“, so der 39-Jährige, der gestern bei der Bevölkerung auf viel Interesse stieß. Sogar eine Hochzeitsgesellschaft ließ sich kurzzeitig vom Feiern abhalten.
Auch heute noch ist Ludovic Ferrière den ganzen Tag in dem betroffenen Gebiet unterwegs – auf seiner Suche nach der Nadel im Heuhaufen.