Ernst jetzt!
Über griffiges Mehl, neue Nahrung und Würfelzucker.
Falls Sie noch Urlaubslektüre suchen, habe ich einen Geheimtipp: Kochbücher. Es ist die meistunterschätzte Gattung der Deziliteratur. Denn bekanntlich sind die Geschmäcker verschieden. Romane können fesseln, Gedichte können berühren, Sachbücher können mitreißen. Aber Kochbücher zergehen auf der Zunge. Ihre fein ausgewogene Würze macht auch noch nach drei Wochen „All you can eat“-Vollpension Hunger auf mehr.
W as in diesen Werken blanchiert, frittiert, reduziert, glasiert, gratiniert, flambiert, filetiert, tranchiert und ambiich
tioniert garniert serviert wird, geht garantiert auf keine Schnitzelpanier. Die Handlung ist nie lauwarm, immer geht es heiß her. Wer sich für neue Nahrung erwärmt, braucht sie nicht anzuschwitzen, sondern kann sie braten, dünsten, garen, rösten, sautieren, schmoren, ein- und aufkochen oder tagelang köcheln lassen. Imperative Infinitive wie „Fleisch hacken“, „Zitronen auspressen“oder „Germmasse abschlagen“sorgen für backende Höhepunkte. D och nicht alles ist leicht verdauliche Kost. „Das Mehl wird bei Teigen angerührt, bei Massen hingegen gesiebt“, lese
und erahne dunkel, dass nicht jedes Mehl griffig und nicht jeder Erdapfel mehlig ist. Anweisungen wie „Krebsfond mit Butter aufmontieren“oder „Fleischparüren durch ein Etamin abseihen“lassen selbst junge Küchenjungen alt aussehen. Und überhaupt: Warum heißt die Zwiebel plötzlich Schalotte? Warum ist der Würfelzucker ein Quader? Fragen, die auch abgebrühte Drei-HaubenTaucher in die Pfanne hauen. Nur dem Anfänger ist das alles Powidl. Der ist schon froh, eine „Kasserolle“zu finden. Damit ist nämlich nicht der Kassazettel beim Einkaufen gemeint.