Kleine Zeitung Kaernten

Ernst jetzt!

Über griffiges Mehl, neue Nahrung und Würfelzuck­er.

- Ernst Sittinger

Falls Sie noch Urlaubslek­türe suchen, habe ich einen Geheimtipp: Kochbücher. Es ist die meistunter­schätzte Gattung der Dezilitera­tur. Denn bekanntlic­h sind die Geschmäcke­r verschiede­n. Romane können fesseln, Gedichte können berühren, Sachbücher können mitreißen. Aber Kochbücher zergehen auf der Zunge. Ihre fein ausgewogen­e Würze macht auch noch nach drei Wochen „All you can eat“-Vollpensio­n Hunger auf mehr.

W as in diesen Werken blanchiert, frittiert, reduziert, glasiert, gratiniert, flambiert, filetiert, tranchiert und ambiich

tioniert garniert serviert wird, geht garantiert auf keine Schnitzelp­anier. Die Handlung ist nie lauwarm, immer geht es heiß her. Wer sich für neue Nahrung erwärmt, braucht sie nicht anzuschwit­zen, sondern kann sie braten, dünsten, garen, rösten, sautieren, schmoren, ein- und aufkochen oder tagelang köcheln lassen. Imperative Infinitive wie „Fleisch hacken“, „Zitronen auspressen“oder „Germmasse abschlagen“sorgen für backende Höhepunkte. D och nicht alles ist leicht verdaulich­e Kost. „Das Mehl wird bei Teigen angerührt, bei Massen hingegen gesiebt“, lese

und erahne dunkel, dass nicht jedes Mehl griffig und nicht jeder Erdapfel mehlig ist. Anweisunge­n wie „Krebsfond mit Butter aufmontier­en“oder „Fleischpar­üren durch ein Etamin abseihen“lassen selbst junge Küchenjung­en alt aussehen. Und überhaupt: Warum heißt die Zwiebel plötzlich Schalotte? Warum ist der Würfelzuck­er ein Quader? Fragen, die auch abgebrühte Drei-HaubenTauc­her in die Pfanne hauen. Nur dem Anfänger ist das alles Powidl. Der ist schon froh, eine „Kasserolle“zu finden. Damit ist nämlich nicht der Kassazette­l beim Einkaufen gemeint.

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