„Also ich würde das ja anders machen“
Der psychische Druck, der auf jungen Müttern lastet, kann enorm sein. Ungebetene Ratschläge, wie gut sie auch gemeint sein mögen, können zusätzlich verunsichern.
Stillen ist mit einer Vielzahl an Gefühlen verbunden, bei Kindern wie auch bei den Müttern. Fast drei Viertel der Mütter in Österreich stillen oder haben gerne gestillt. Jedoch, mehr als zwei Drittel haben dabei negative Reaktionen in der Öffentlichkeit erlebt. Dies zeigt eine am Montag veröffentlichte Umfrage von MAM Baby Österreich, an der mehr als 1900 Frauen in Österreich,
Deutschland und der Schweiz teilge- nommen haben.
Die negativen Erfahrungen beim Stillen im Park, am Spielplatz oder im Lieblingscafé rühren zu einem Großteil von unaufgeforderten und zum Teil gar übergriffigen Bemerkungen und Ratschlägen fremder Personen. „Mütter sind mit einem regelrechten ,Mumsplaining’ konfrontiert“, sagt Eline Strobl (MAM Baby Österreich).
Und dieses „Mumsplaining“bezieht sich nicht nur auf das Stillen, auch wenn Mütter ihren Babys die Flasche geben, wird diese Art der Ernährung von anderen bewertet – und das zumeist nicht positiv. Jungen Müttern, die nicht stillen, wird vermittelt, dass dies schlecht für das Kind sei.
Es scheint also, wie man es als Mutter in Bezug auf Stillen oder eben Nicht-Stillen macht, macht man es falsch. Das ist ein Problem, denn als junge Mutter ist der psychische Druck enorm. Man ist in einer völlig neuen Situation, möchte nichts falsch machen. Ungebetene Ratschläge, wie gut sie auch gemeint sein mögen, können da zusätzlich verunsichern.
Wie kann man dieser Verunsicherung also entgegenwirken? Vor allem durch Information, ist Christina Kulle überzeugt. Die Kärntnerin ist leitende Hebamme am Klinikum Klagenfurt und auch ausgebildete Stillberaterin.
„Wenn man sich schon während der Schwangerschaft mit dem Thema Stillen – oder auch Nicht-Stillen – auseinandersetzt, dann kann man sich etwas vor diesen Ratschlägen schützen“, sagt sie im „Ist das gesund“-Podcast der Kleinen Zeitung (siehe Artikel rechts).
Auch weil ein Großteil der Ratschläge eventuell schon in die Jahre gekommen sein könnte. Die Annahme, dass ein Baby strikt etwa alle drei Stunden gestillt werden muss, ist so nicht haltbar. „Jedes Kind hat seinen eigenen Rhythmus“, sagt Kulle. „Manche brauchen alle zweieinhalb Stunden die Brust, manche nur alle drei.“Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass Babys durch die Milch ihren Durst stillen. „Wenn es also ein heißer Tag ist, kann das Baby durchaus öfter trinken.“
Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation lautet, ein Baby während der ersten sechs Lebensmonate zu stillen. Aber das ist: eine Empfehlung. „Dieses Gefühl des Scheiterns, wenn man nicht diese sechs Monate stillt, wenn man gar nicht stillt, das muss wirklich weg aus den Köpfen“, sagt Kulle.
Die häufigste Angst von werdenden bzw. jungen Müttern sei, nicht genug Milch zu haben. Doch auch in dieser Hinsicht kann Kulle beruhigen, das komme eher selten vor. In den allermeisten Fällen würde sich das Stillen zwischen Baby und Mama gut einspielen. „Aber gerade zu Beginn braucht es oft auch Durchhaltevermögen.“