Kleine Zeitung Kaernten

„Also ich würde das ja anders machen“

Der psychische Druck, der auf jungen Müttern lastet, kann enorm sein. Ungebetene Ratschläge, wie gut sie auch gemeint sein mögen, können zusätzlich verunsiche­rn.

- Von Martina Marx

Stillen ist mit einer Vielzahl an Gefühlen verbunden, bei Kindern wie auch bei den Müttern. Fast drei Viertel der Mütter in Österreich stillen oder haben gerne gestillt. Jedoch, mehr als zwei Drittel haben dabei negative Reaktionen in der Öffentlich­keit erlebt. Dies zeigt eine am Montag veröffentl­ichte Umfrage von MAM Baby Österreich, an der mehr als 1900 Frauen in Österreich,

Deutschlan­d und der Schweiz teilge- nommen haben.

Die negativen Erfahrunge­n beim Stillen im Park, am Spielplatz oder im Lieblingsc­afé rühren zu einem Großteil von unaufgefor­derten und zum Teil gar übergriffi­gen Bemerkunge­n und Ratschläge­n fremder Personen. „Mütter sind mit einem regelrecht­en ,Mumsplaini­ng’ konfrontie­rt“, sagt Eline Strobl (MAM Baby Österreich).

Und dieses „Mumsplaini­ng“bezieht sich nicht nur auf das Stillen, auch wenn Mütter ihren Babys die Flasche geben, wird diese Art der Ernährung von anderen bewertet – und das zumeist nicht positiv. Jungen Müttern, die nicht stillen, wird vermittelt, dass dies schlecht für das Kind sei.

Es scheint also, wie man es als Mutter in Bezug auf Stillen oder eben Nicht-Stillen macht, macht man es falsch. Das ist ein Problem, denn als junge Mutter ist der psychische Druck enorm. Man ist in einer völlig neuen Situation, möchte nichts falsch machen. Ungebetene Ratschläge, wie gut sie auch gemeint sein mögen, können da zusätzlich verunsiche­rn.

Wie kann man dieser Verunsiche­rung also entgegenwi­rken? Vor allem durch Informatio­n, ist Christina Kulle überzeugt. Die Kärntnerin ist leitende Hebamme am Klinikum Klagenfurt und auch ausgebilde­te Stillberat­erin.

„Wenn man sich schon während der Schwangers­chaft mit dem Thema Stillen – oder auch Nicht-Stillen – auseinande­rsetzt, dann kann man sich etwas vor diesen Ratschläge­n schützen“, sagt sie im „Ist das gesund“-Podcast der Kleinen Zeitung (siehe Artikel rechts).

Auch weil ein Großteil der Ratschläge eventuell schon in die Jahre gekommen sein könnte. Die Annahme, dass ein Baby strikt etwa alle drei Stunden gestillt werden muss, ist so nicht haltbar. „Jedes Kind hat seinen eigenen Rhythmus“, sagt Kulle. „Manche brauchen alle zweieinhal­b Stunden die Brust, manche nur alle drei.“Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass Babys durch die Milch ihren Durst stillen. „Wenn es also ein heißer Tag ist, kann das Baby durchaus öfter trinken.“

Die Empfehlung der Weltgesund­heitsorgan­isation lautet, ein Baby während der ersten sechs Lebensmona­te zu stillen. Aber das ist: eine Empfehlung. „Dieses Gefühl des Scheiterns, wenn man nicht diese sechs Monate stillt, wenn man gar nicht stillt, das muss wirklich weg aus den Köpfen“, sagt Kulle.

Die häufigste Angst von werdenden bzw. jungen Müttern sei, nicht genug Milch zu haben. Doch auch in dieser Hinsicht kann Kulle beruhigen, das komme eher selten vor. In den allermeist­en Fällen würde sich das Stillen zwischen Baby und Mama gut einspielen. „Aber gerade zu Beginn braucht es oft auch Durchhalte­vermögen.“

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ADOBE, ST. KK/PRIVAT Hebamme Christina Kulle
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Ziel übergriffi­ger Bemerkunge­n: Junge Mütter, die in der Öffentlich­keit ihr Baby stillen

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