Asyl-Umfragen aus dem Agrarministerium
Umfragen für zwei Ministerien scheinen mehr mit der ÖVP als mit der Arbeit der Ressorts zu tun zu haben.
Im Finanzministerium bereiteten Umweggeschäfte mit Umfragen rund um Meinungsforscherin Sabine Beinschab der Karriere von Sebastian Kurz ein Ende. Offenbar fragten aber auch andere ÖVP-geführte Ministerien Dinge ab, die eher für die Volkspartei als das Ressort interessant waren: „Können wir noch mehr Flüchtlinge aufnehmen, als wir bisher schon aufgenommen haben oder sind unsere Möglichkeiten, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, bereits erschöpft?“, fragte etwa das Agrar- und Tourismusministerium im September 2021.
Öffentlich auffindbar ist das Umfrageergebnis nicht, selbst in der Ministeriums-internen Studienpräsentation schienen die Daten nicht auf. Dem UAusschuss liegen diese und weitere Umfragen nun aber vor. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer vermutet, dass die Volkspartei – wie mutmaßlich schon bei Beinschab – Fragen „angehängt“haben könnte, um auf Kosten des Steuerzahlers eigene Themen abzufragen. Die ÖVP nennt das eine Unterstellung, die Vorwürfe „haltlos“.
„Demox Research“, ein Meinungsforschungsinstitut, dessen Geschäftsführer zuvor Direktor des Bauernbundes Wien war, führte die Umfrage durch. Im Kuratorium von Demox saß bis vor Kurzem der Meinungsforscher Franz Sommer, den die WKStA in den Ermittlungen in der Umfragen-Affäre als „offiziellen Umfragenlieferanten“der ÖVP identifizierte.
Wie Mails zeigen, war der damalige Kabinettschef des Ministeriums, Gernot Maier, in die Formulierung der Fragen eingebunden. Vor seiner Karriere im Ministerium war er in der Partei angestellt – und dort für Umfragen zuständig.
Allein 2020 soll „Demox“rund 230.000 Euro an Aufträgen aus verschiedenen ÖVPgeführten Ministerien erhalten haben. Die meisten Umfragen beauftragte dabei das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) unter Ex-Ministerin Margarete Schramböck. Etwa im April 2020 zur „1. MaiKampfrhetorik“: „Wenn Gewerkschaften und Arbeiterkammer am 1. Mai kämpferische Parolen gegen Unternehmen erheben und einen neuen Verteilungskampf fordern: Was denken Sie sich dabei?“, wurden 1000 Personen gefragt. Fast ein Viertel wählte die Antwort: „Das ist die übliche 1.-Mai-Show und nicht sehr glaubwürdig“. Das BMDW sei thematisch breit aufgestellt, sahen der frühere Kabinettschef und sein Stellvertreter kein Problem.
Der von Demox könnte dies am Donnerstag vor dem U-Ausschuss nachholen. Die Vorwürfe weist er jedenfalls zurück: „Jeder Auftraggeber hat immer ausschließlich die ihm gegenüber erbrachten Leistungen bezahlt.“
Auch Johannes Pasquali ist vor den Ausschuss geladen. Der frühere Leiter der Öffentlichkeitsarbeit im Finanzministerium soll die Beinschab-Umfragen beauftragt haben. Anders als im Fall der Umfragen von Demox, ermittelt hier die WKStA – auch gegen den für Donnerstag geladenen Ex-Kanzlersprecher Johannes Frischmann, der nun im ÖVP-Klub beschäftigt ist. Es gilt die Unschuldsvermutung.