Eisels Scherz wurde zur Prophezeiung
Felix Großschartner führte einen Fünffachsieg von Bora hansgrohe bei der Staatsmeisterschaft an. Anna Kiesenhofer musste sich in Judendorf im Sprint geschlagen geben.
Dass seine Ansage letzten Endes Realität werden würde, das hat sich vor dem Rennen nicht einmal Bernhard Eisel selbst gedacht. „Ich habe gescherzt, dass wir eins bis fünf machen. Aber dass das dann so aufgeht, ist noch einmal etwas ganz anderes.“Bora hansgrohe hatte nichts weniger als den Titel als Ziel ausgegeben und dafür alles aufgeboten. Der große Teambus wurde vor dem Gemeindeamt in Judendorf geparkt, dort schwor Sportdirektor Eisel seine fünf Fahrer ein. Während des Rennens dirigierte der gebürtige Weststeirer dann aus dem Begleitauto – mit ein bisschen Wehmut sagte er lachend: „Natürlich fehlt es schon, wenn man selbst nicht auf dem Rad sitzt. Eine Runde hätte ich vielleicht geschafft.“
Eine Schleife hätte aber nicht gereicht, denn beim Großen Preis von Judendorf wurden elf Runden serviert – und die Staatsmeisterschaft wurde zur Machtdemonstration. Bora attackierte gnadenlos, den Rest erledigte die Hitze. Nach 195 Kilometern überquerten Felix Großschartner, Patrick Gamper, Lukas Pöstlberger, Patrick
Konrad und Marco Haller (in dieser Reihenfolge gewertet) gemeinsam die Ziellinie. „Das Meistertrikot jetzt für ein Jahr zu tragen, ist schon etwas Besonderes“, sagte Großschartner, der nun amtierender Straßenund Zeitfahrmeister ist. „Ich bin schon fünf Jahre im Team und habe immer mein Bestes für die anderen gegeben. Dass es jetzt für mich geklappt hat, ist echt schön.“
Wesentlich enger war die Entscheidung bei den Damen. Vier Tage nach dem Zeitfahren musste sich Olympiasiegerin
Anna Kiesenhofer auch auf der Straße Christina Schweinberger geschlagen geben. „Es war am Ende ein frustrierendes Rennen für mich. Ich habe am Anstieg mehrmals versucht wegzukommen, aber Christine war zu stark und ist immer an meinem Hinterrad geblieben.“Immer wieder forcierten Kiesenhofers Teamkolleginnen in der Steigung des Luttengrabens das Tempo – doch es reichte nicht. Auch in der letzten Runde ließ sich die Tirolerin Schweinberger nicht abschütteln, mit Kiesenhofer ging es als Duo Richtung Ziel. „Für mich
ist dieser Anstieg etwas zu kurz“, seufzte Kiesenhofer, „das Team hat aber richtig gut gearbeitet.“So wurde „Helferin“Sarah Bärnthaler vor ihrer Haustüre U23-Meisterin und als aktivste Fahrerin ausgezeichnet. „Der Anstieg hätte aber wirklich keine zehn Meter länger sein dürfen“, sagte Staatsmeisterin Schweinberger, „sonst hätte Anna mich gehabt. Dass ich sie schlagen konnte, hebt den Wert des Titels auf ein anderes Level, denn ich habe riesigen Respekt vor ihr.“
Schon kommenden Freitag wird das Meistertrikot der Herren wohl bei der Tour de France zu sehen sein. Bora gibt heute den Kader für die Rundfahrt bekannt – neben Großschartner haben auch Konrad und Haller sehr gute Karten. „21 Etappen hört sich lang an und das ist es auch – aber wenn man eine gute Form hat, macht es schon Spaß“, sagte Großschartner. Gute Form wird gefragt sein. „Das Level ist richtig hoch. Es gibt drei, vier, die um den Sieg fahren, aber bei den ersten 50 ist das Niveau schon richtig hoch – und wenn du dann nur auf 98 Prozent bist, überlebst du den Kampf nicht.“