Kleine Zeitung Kaernten

Gegen illegale Praktiken

Gewerkscha­ft ortet Comeback der Schein-Selbststän­digkeit auf Österreich­s Baustellen. Man will gegen illegale Praktiken rund um Entsendung­en vorgehen. 2021 gab’s 1808 Strafanträ­ge wegen Lohn- und Sozialdump­ings.

- Von Astrid Jäger

Sie verrechnen einen Stundenloh­n von 22 bis 35 Euro, das ist ein unmoralisc­hes Angebot“, sagt Josef Muchitsch, Bundesvors­itzender der Gewerkscha­ft Bau-Holz bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Alexander Safferthal von der Bundesspar­te Gewerbe und Handwerk. Die Rede ist von jenen Arbeitskrä­ften, die laut Arbeitnehm­erund Arbeitgebe­rvertreter­n in Form einer Scheinselb­stständigk­eit auf Österreich­s Baustellen tätig sind. „Sie sprechen zum Großteil nicht deutsch, haben kein Werkzeug und auch kein Material, werden aber als ‚Einzelmeis­ter’ angeboten“, kritisiert Muchitsch. In Wahrheit handle es sich um ganz normale Arbeitsver­hältnisse.

Die Arbeitskrä­fte kommen hauptsächl­ich aus Ländern am Westbalkan, so Muchitsch. Entsandt würden sie aber großteils aus Slowenien, wo sie angemeldet werden. „Slowenien entwickelt sich so immer mehr zum Umschlagpl­atz für illegale Entsendung­en von Nicht-EU-Bürgern“, kritisiert der Gewerkscha­fter. Konkret würden 36 Prozent aller Entsendung­en solcher Arbeitskrä­fte nach Österreich bereits über das Nachbarlan­d erfolgen, 73 Prozent davon wiederum seien eben Nicht-EUBürger. 2019 waren es konkret 211.000 Köpfe, zehn Prozent davon waren auf Baustellen im Einsatz. Da es bei vielen aber zu Mehrfachen­tsendungen gekommen sei, seien es in Summe 5,8 Millionen Einsätze. Es muss aber offensicht­lich auch jemanden geben, der bereit ist, diese Menschen zu beschäftig­en. „Durch die Überhitzun­g am Baumarkt, Fachkräfte­mangel und hohe Kosten sind nicht nur Private, sondern auch viele Firmen verleitet, solche Arbeitskrä­fte zu engagieren“, räumt Safferthal ein. Arbeitsrec­htlich seien es aber keine Subunterne­hmer, sondern handle es sich um eine normale Dienstleis­tung. Kontrollen würden zwar abschrecke­n, aber nichts verhindern. „Wir müssen den Facharbeit­ermangel irgendwie in den Griff bekommen, aber nicht mit Löhnen, die in Osteuropa üblich sind“, so Safferthal.

Die Regierung hat am Montag in einer zeitgleich­en Pressekonf­erenz die Kontrollen gegen Lohn- und Sozialdump­ing gelobt. Wird also doch ausreichen­d kontrollie­rt? „Wir können gar nicht so viel kontrollie­ren, dass Lohn- und Sozialdump­ing nicht stattfinde­t. Kontrollen schrecken ab, verhindern aber nichts, wenn es keine Sanktionen gibt“, ist Muchitsch überzeugt. Es müsse darüber nachgedach­t werden, wie man schon vorher eingreifen kann. Schon 2019 habe man eine Klage in Bezug auf „solche Machenscha­ften“eingebrach­t. Sie liege seit drei Jahren in Brüssel.

Finanzmini­ster Magnus Brunner und Arbeitsmin­ister Martin Kocher haben den Kontrollpl­an im Kampf gegen Lohn- und Sozialdump­ing in Österreich präsentier­t. 1300 Unternehme­nskontroll­en sind vorgesehen. Mit besonderem Fokus auf die Bereiche Bau- und Baunebenge­werbe,

Transport- und Paketdiens­tleister sowie den Lebensmitt­elhandel. „Zum fairen Wettbewerb gehört es auch, dass Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er fair und korrekt entlohnt werden – vor allem in dieser Zeit der steigenden Preise. Wir müssen Lohn- und Sozialdump­ing bekämpfen und insbesonde­re in jenen Branchen verhindern, die während der Pandemie profitiert haben“, so Brunner.

Auch Strafen seien wichtig, unterstrei­cht Kocher. Denn „Unterbezah­lung, falsche Angaben und missbräuch­liche Inanspruch­nahme der Kurzarbeit“würden auch Standort und Budget schaden. Bestraft werde jedenfalls, 2021 seien 1808 Strafanträ­ge gestellt und rund 3,9 Millionen Euro an Geldstrafe­n beantragt worden.

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GBH-Chef Josef Muchitsch APA 2
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