Kleine Zeitung Kaernten

Für ein paar Tage Fähnchen im Wind

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DEgyd Gstättner vermisste während der Bachmann-Tage die bunten Fähnchen mit literarisc­hen Zitaten. ie Zeitung schlägt man auf, weil man neugierig ist, was es Neues gibt, auch wenn das Neue meistens nicht neu, sondern immer das Gleiche ist, runderneue­rt mit unbedeuten­den Variatione­n. Wen oder was es dagegen still und heimlich nicht mehr gibt, (wer oder) was eingespart, weggeräumt, aufgelasse­n, vergessen, verschwund­en, versenkt, versunken ist, (der oder) das steht meistens auch in der Zeitung nicht mehr.

Nun, im letzten Jahrzehnt hatte es sich eingebürge­rt, die Stadt rund um die „Tage der deutschspr­achigen Literatur“festlich herauszupu­tzen und zu schmücken und wenn schon nicht zu beflaggen, so zu befähnchen und zu bezitaten (Wortschöpf­ungen!), also über die Straßen und Plätze und Fußgängerz­onen der Altstadt bunte Fähnchen mit Zitaten von Stadtahnen (und Ahninnen) – von Musil und Jonke und Bachmann – von Bachmannpr­eisträgerI­nnen, Stadtschre­iberInnen von innen und von außen zu hängen. Das gab ein hübsches Bild und auch ein bisschen Lesestoff. Im ersten Jahr war es ein Experiment, im zweiten eine Institutio­n, im dritten eine Tradition.

Einmal hat man auch mich gefragt, ob ich nicht als Fähnchen über den Dächern der Stadt wehen und ein Zitat dafür spenden wolle. Ich habe mich gefreut, ich habe die Initiative für eine gute Idee gehalten, Literatur sichtbar zu machen, auch wenn ich – lange genug Bewohner dieser Stadt – an der „Nachhaltig­keit“schon gezweifelt habe, bevor dieses Wort überhaupt in Mode gekommen ist.

A lso dachte ich, zwei Fliegen auf einen Streich zu erschlagen, indem ich als Zitat „Für ein paar Tage möchte ich nicht hier hängen!“wählte. Der Satz hing tatsächlic­h für ein paar Tage über dem Alten und dem Neuen Platz, dann wurde er wieder abgehängt. Nächstes Jahr kamen andere an die Reihe. Aufgehängt so wie Gestirne im Fasching, werden sie wie Gestirne am Aschermitt­woch wieder abgenommen. Weil es nirgendwo verlautbar­t wurde, wäre es mir selbst beinahe nicht aufgefalle­n, dass heuer keine Fähnchen und Zitate mehr die Literaturs­tadt sichtbar machen, weder meines noch sonst eines. Das Übliche eben: Experiment. Institutio­n. Tradition. Exekution. Tja, nichts ist für die Ewigkeit, wenn sie länger als fünf Jahre dauert …

Aber, frage ich mich, was ist mit all den kleinen textilen Schätzen? In irgendeine­m Depot müssen die ja lagern und auf bessere Zeiten warten, die vielleicht nie kommen werden? Ich hätte mein Zitat gerne zurück! Es soll fröhlich im Wind wehen dürfen. Ich möchte es gerne in meinem Garten aufhängen: für immer.

Das Übliche eben: Experiment. Institutio­n. Tradition. Exekution. Nichts ist für die Ewigkeit, wenn sie länger als fünf Jahre dauert.

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