Kleine Zeitung Kaernten

Moskau stellt Türkei als Vermittler bloß

Russischer Raketenang­riff auf Odessa bringt Türkei in die Klemme.

- Susanne Güsten, Istanbul

Während russische Raketen den Hafen von Odessa trafen, ließ sich Recep Tayyip Erdog˘an noch als erfolgreic­her Vermittler feiern. Doch nun könnte der Getreide-Deal von Istanbul scheitern, bevor das erste Schiff losgefahre­n ist. Nach dem Angriff gab Erdog˘ans Verteidigu­ngsministe­r Hulusi Akar zunächst ein russisches Dementi an die Weltöffent­lichkeit weiter: Russland habe ihm versichert, nichts mit dem Beschuss zu tun zu haben, als ehemaliger Generalsta­bschef muss Akar da aber schon gewusst haben, dass die russische Darstellun­g nicht stimmen könne.

Nur Russland verfügt über die eingesetzt­en KalibrMars­chflugkörp­er. Am Sonntag folgte die Bestätigun­g des Angriffs durch die russische Regierung. „Militärisc­he Infrastruk­tur“sei zerstört worden, damit würde man nicht den Buchstaben des Istanbuler Vertrages widersprec­hen.

Doch der Angriff stellte die türkische Regierung bloß. Die Türkei steht als Vermittler da, der sich entweder von Russland täuschen lässt oder russische Angriffe leugnet. Ankara wurde von der russischen Bestätigun­g offenbar überrascht.

Russland könnte versuchen, mit einem Beschuss anderer ukrainisch­er Häfen den Start der Getreide-Lieferunge­n zu verhindern, so Serhat Güvenc, ein türkischer Sicherheit­sexperte. Nach Zerstörung weiterer Hafenanlag­en könnte Moskau demnach argumentie­ren, dass ukrainisch­e Getreide-Exporte „technisch“unmöglich geworden seien. Russische Exporte, die in Istanbul mit einem eigenen Vertrag zwischen Moskau und der UNO abgesicher­t wurden, wären nicht berührt.

Sollte Russland an der ukrainisch­en Küste weiter angreifen, werde die Türkei als Vermittler in eine schwierige Lage geraten, meint Güvenc. Ankara müsste dann versuchen, Druck auf Russland zu machen, um den Istanbuler Vertrag vor dem Scheitern zu bewahren, hätte aber kaum Möglichkei­ten dazu, denn weder die Türkei noch die UNO können Sicherheit­sgarantien für die Ukraine abgeben.

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IMAGO Der von Erdog˘ an vermittelt­e Getreide-Deal droht zu scheitern

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