Wenn der Urlaub länger dauert als geplant
FRAGE & ANTWORT. Der Sommer ist geprägt vom Reisechaos – daraus könnten sich auch arbeitsrechtliche Probleme ergeben. Was Beschäftigte wissen sollten, wenn sie am Urlaubsort festsitzen und dadurch nicht rechtzeitig wieder an ihrer Arbeitsstelle sind.
1Mein Rückflug wurde gestrichen. Es ist klar, dass ich nicht rechtzeitig wieder zur Arbeit gehen kann. Was ist zu tun? ANTWORT: Sie müssen Ihren Dienstgeber unverzüglich über die Situation informieren und alle zur Verfügung stehenden, zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Arbeit so rasch wie möglich wieder antreten zu können. Auf Verlangen Ihres Dienstgebers müssen Sie den Dienstverhinderungsgrund (Flugausfall etc.) nachweisen. „Für den Streitfall empfiehlt es sich, entsprechende Beweise zu sichern“, betont der AK-Experte Bruno Sundl und rät: „Wer seinen Flug aufgrund langer Wartezeiten verpasst, sollte belegen können, dass er rechtzeitig am Flughafen war – etwa durch ein Foto mit erkennbarer Uhrzeit am Flughafen.“
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Genügt es, wenn ich in der Firma telefonisch Bescheid gebe, dass ich verspätet zurückkehre?
ANTWORT: Ja. „Ein schriftlicher Nachweis bzw. die schriftliche
Bekanntgabe ist aber anzuraten“, sagt Sundl.
3 Muss ich zusätzliche Urlaubstage nehmen, wenn meine Rückreise verschoben ist?
ANTWORT: Wenn unvorhergesehene und unabwendbare Gründe ohne eigenes Verschulden zum verspäteten Dienstantritt führen, haben Sie Anspruch auf Dienstfreistellung bei gleichzeitiger Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. „Allerdings nur für eine relativ kurze
Zeit“, wie Sundl betont. In der Judikatur werde dabei in der Regel eine Woche veranschlagt, wobei in außergewöhnlichen Fällen aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen eine Verlängerung möglich sei. „Einen Urlaubstag müssen Sie nicht nehmen. Sie können aber im Einvernehmen mit Ihrem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin eine Verlängerung des Urlaubs vereinbaren.“
4 Kann ich wegen eines verspäteten Dienstantritts durch den Flugausfall den Job verlieren?
ANTWORT: Wenn Sie kein Verschulden an der verspäteten Heimreise trifft, liegt kein Entlassungsgrund vor. Anders ist es bei Kündigungen, die ohne besonderen Kündigungsschutz unter Einhaltung von Fristen und Terminen in Österreich immer denkbar sind. „Wenn Sie Ihr Arbeitgeber allerdings wegen der Geltendmachung eines echten Dienstverhinderungsgrundes kündigt, liegt Motivwidrigkeit vor, und Sie könnten die Kündigung anfechten“, räumt Sundl ein.
5 Ist es ein arbeitsrechtlich ein Unterschied, ob ich meine Reise, bei der nun alles im Chaos endet, schon im Vorjahr gebucht habe oder erst vor ein paar Wochen, als das Chaos gewissermaßen schon erkennbar war?
ANTWORT: Grundsätzlich können Beschäftigte mit der Einhaltung des Fahr- bzw. Flugplanes rechnen. „Sind aber Verkehrsstörungen vorhersehbar,
sind zumutbare Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Insofern besteht hier ein Unterschied.“
6Muss ich, wenn ich jetzt eine Flugreise buche, einen „Puffer“an Urlaubstagen einplanen, für eine etwaige Verspätung beim Rückflug?
ANTWORT: Nur in außergewöhnlichen Fällen, wenn bereits bei Antritt der Reise vorhersehbar ist, dass eine verspätete Rückkehr nicht nur nicht auszuschließen, sondern sogar wahrscheinlich ist. „Dies resultiert daraus, dass Beschäftigte die Obliegenheit haben, zumutbare
Vorkehrungen zu treffen.“Dies allerdings vor dem Hintergrund, dass man grundsätzlich auf die Einhaltung des Flugplans vertrauen darf.
7 Was kann meine Arbeitgeberin von mir verlangen, damit ich noch rechtzeitig zurückkomme? Etwa auch weite, teure Taxifahren?
ANTWORT: Vorgesetzte können nur zumutbare Maßnahmen verlangen, dazu gehört unter Umständen die Wahl eines anderen Verkehrsmittels, wenn es die Distanz zulässt und die Kosten zumutbar sind. „Was dem
Arbeitgeber genau zumutbar ist, ist immer im Einzelfall zu beurteilen“, sagt der Jurist.
8 Kann mir der Dienstgeber derzeit Flugreisen verbieten bzw. Sanktionenandrohen,wennich wegen eines Flugausfalles zu spät wieder zur Arbeit komme?
ANTWORT: Nein. „Dienstgeber haben grundsätzlich kein Recht, auf das Urlaubs- und Freizeitverhalten der Beschäftigten einzuwirken – das wäre nämlich ein Eingriff in die geschützten Persönlichkeitsrechte“, erklärt der AK-Experte.