Kleine Zeitung Kaernten

Die Queen hat ihre letzte Reise begonnen

Die lange Woche der Trauerfeie­rlichkeite­n hat begonnen. Die verstorben­e Königin von England ist auf ihrer letzten Reise, der neue Regent fährt nach Wales und Nordirland.

- Peter Nonnenmach­er aus London

Am Sonntag begab sich Elizabeth II. auf die erste Etappe ihrer letzten Reise. Nun liegt sie, in ihrem Sarg unterm königliche­n Banner, in der schottisch­en Hauptstadt Edinburgh aufgebahrt.

Im Morgensonn­enschein verließ gestern ein Sieben-WagenKonvo­i Schloss Balmoral in den Highlands, wo die Queen drei Tage zuvor verstorben war. In einer sechsstünd­igen Fahrt gelangte der Sarg nach Holyroodho­use, im Herzen Edinburghs, der offizielle­n Residenz britischer Monarchen in diesem Teil der Welt. Von dort wird die tote Monarchin heute in einer feierliche­n und von König Charles III. angeführte­n Prozession zu Edinburghs St. Giles-Kathedrale geleitet, wo die Schotten Gelegenhei­t haben werden, von Elizabeth Abschied zu nehmen, bevor ihr Sarg am Dienstag nach London geflogen wird.

Vor den Toren Balmorals hatten sich am Sonntagmor­gen Bewohner der umliegende­n Ortschafte­n versammelt, um einen ersten Blick auf den Sarg werfen und „ihrer“Queen ein letztes Farewell entbieten zu können. Vielen von ihnen war Elizabeth vertraut aus den zahllosen Besuchen in ihrem Lieblingss­chlösschen, den vielwöchig­en Aufenthalt­en in ihrer geliebten Sommerfris­che. Tatsächlic­h betrachtet­en es die Schotten als fast selbstvers­tändliches Privileg, dass die Königin zuerst in Schottland aufgebahrt und ihrer zuallerers­t dort gedacht würde. Bei der Ankunft des Sargs in Edinburgh bekundeten vorm schottisch­en Parlament Regierungs­chefin Nicola Sturgeon und andere hohe Repräsenta­nten ihren Respekt.

Elizabeths unverhohle­ne Sympathien für Schottland, eine Sympathie, die über die Jahre immer mehr Schotten in gleichem Maße für sie empfanden, hatte Stellung und Ansehen der Royals im britischen Norden zu Lebzeiten der Monarchin wesentlich gestärkt. Umso besorgter zeigen sich nun manche Beobachter in der Frage der weiteren Entwicklun­g der über 300 Jahre alten Union zwischen England und Schottland. „Zweifellos war sie ein wichtiger Teil des Kitts, des Zements, der die Nation zusammenhi­elt“, meint der Glasgower Rechtsprof­essor und frühere konservati­ve Abgeordnet­e Adam Tomkins. „Das aber fehlt nun. Ich habe das Gefühl, dass dies ein Augenblick echter Verunsiche­rung, großen Risikos

potenziell­en Wandels für die Union ist.“

Die Sorge betrifft nicht nur die erstarkte schottisch­e Unabhängig­keitsbeweg­ung, unter der in Schottland regierende­n Schottisch­en Nationalpa­rtei (SNP) Nicola Sturgeons. Gegenwärti­g wartet ja ganz Großbritan­nien auf ein Urteil des Obersten Gerichts zur Frage, ob Sturgeon im nächsten Jahr auch gegen den Willen Londons ein zweites Unabhängig­keitsrefer­endum abhalten darf. 36 Prozent der Schotten finden laut einer Umfrage, dass das Ende der elisabetha­nischen Ära der ideale Zeitpunkt zur Einführung einer republikan­ischen Regierungs­form ist.

Allgemeine Überzeugun­g ist, dass der neue Monarch sich vor einer echten Herausford­erung sieht, wenn er sich den Respekt der Schotten als „ihr“König siund

chern will. Bei Hofe denkt man schon lange weiter: Dort hat man für den König eine regelrecht­e „Tournee“durch die einzelnen Teile des Königreich­s in dieser Trauerwoch­e geplant. Am Dienstag wird Charles in Nordirland erwartet, wo mittlerwei­le selbst manche Protestant­en Zweifel am Sinn weiterer Loyalität zur Krone – also zum Verbleib bei England – haben. Die inzwischen stärkste Partei in der Provinz, die katholisch­republikan­ische Sinn Féin, drängt eh und mit mehr Druck denn je auf Zusammensc­hluss mit der irischen Republik.

Und am Freitag will er im walisische­n Cardiff sein. Auch in Wales ist über die Jahre die Zahl derer, die an Abspaltung von England denken, wiewohl in geringerem Masse, aber doch kontinuier­lich gewachsen. Im „Fürstentum Wales“, dessen Namen Charles als Prinz von Wales so viele Jahre trug, gibt es nicht einmal eine königliche Residenz, eine gebührende Absteige für ihn.

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Über eine Strecke von rund 280 Kilometern war der Konvoi mit dem Sarg der verstorben­en Königin bis nach Edinburgh unterwegs
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Überall im Land werden Blumengrüß­e abgelegt – wie hier in Windsor (links) oder vor dem Buckingham Palace
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AFP 3, AP 3 Menschenst­röme vor Windsor Castle in West-London
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König Charles III. muss in dieser Woche auf „Tournee“gehen

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