Digitale Bildung startet in Unterstufen
Bei 10- bis 14-Jährigen in 12.000 Klassen steht heuer „Digitale Grundbildung“fix am Stundenplan. Das könne erst ein Anfang sein, so die Lehrergewerkschaft.
Nach Wien, Niederösterreich und dem Burgenland starten heute auch die restlichen Bundesländer ins neue Schuljahr. Mit dabei ist ein neues Pflichtfach: „Digitale Grundbildung“soll in allen Neuen Mittelschulen und AHSUnterstufen in mindestens einer Wochenstunde vermittelt werden. Laut Bildungsministerium sind etwa 1400 Schulen und 12.000 Klassen betroffen.
Welcher Lehrstoff? „Schülerinnen und Schüler sollen früh lernen, die digitale Welt zu gestalten, Informationen darin zu verarbeiten, Chancen der Digitalisierung zu nutzen, aber auch die Risiken zu verstehen“, sagt Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). So sollen mitunter Medienkompetenz, informatische Kenntnisse, Fake News oder Cybermobbing thematisiert werden. Laut einer Umfrage der EU-Initiative „saferinternet.at“leidet die Hälfte aller österreichischen Jugendlichen unter Mobbing im Internet. Auch die Themen Verschwörungstheorien und Falschnachrichten gewannen gerade während der CoronaPandemie stark an Bedeutung.
Technische Ausstattung? Schon im vergangenen Jahr erhielten Schülerinnen und Schüler wie auch Lehrkräfte Tablets und Notebooks vom Bund – Teil eines Digitalisierungsplanes der Regierung. Durch technische Mängel bei den Windows Tablets kam es aber zu Verzögerungen: 44.000 digitale Endgeräte sind noch ausständig. Neben diesen sollen im Herbst noch weitere 80.000 Geräte für Schüler und 12.000 Geräte für Lehrende ausgeliefert werden – „voraussichtlich“, wie man im Ministerium betont, sollte die Auslieferung mit September abgeschlossen sein.
In Sachen WLAN und Glasfaser-Ausbau seien 98 Prozent der Bundesschulen ausgestattet, heißt es. Privat- und Pflichtschulen fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundes. „Da
es sicher noch weitere Investitionen in die Infrastruktur“, sagt Paul Kimberger, Vorsitzender der Lehrergewerkschaften. Sowieso meint er: „Das neue Fach ist eine lange Forderung von uns, das Thema kann damit aber noch nicht erledigt sein.“Bereits vor 20 Jahren hätte man über Digitalisierung in allen Bereichen der Schule gesprochen. Dass dieses
Pflichtfach nun kommt, sei der richtige Ansatz, aber „in Wirklichkeit sind wir um Jahre zu spät“, spart Kimberger nicht mit Kritik. Auch die flächendeckende Ausstattung mit Geräten ist für ihn längst überfällig.
Wer unterrichtet? Im ganzen Land herrscht ein Lehrermangel. Mit 150 neuen Planstellen soll ausgeholfen werden. Laut Ministerium wird es mindestens 1400 Lehrende brauchen, die das neue Fach unterrichten. Es gab bereits eine Online-Fortbildung an der Virtuellen Pädagogischen Hochschule.
Diese wurde bis Ende August laut Bildungsministerium von insgesamt 1000 Lehrerinnen und Lehrern besucht. Wer das Fach an einer Schule unterrichtet, obliegt der Zuständigkeit der Schulleitung. Das Ministebraucht
rium geht davon aus, dass vor allem jene Lehrenden, die schon verbindliche Übungen zu dem Thema gehalten haben, unterrichten werden. Die Stunden der „Digitalen Grundbildung“könnte eine Lehrkraft unterrichten, aber sie könnten auch auf mehrere Lehrer aufgeteilt werden, heißt es.
Gibt es Fortbildungen für Lehrer?
Verpflichtende Fortbildungen gibt es keine, jedoch das „miniMOOC“-Angebot „Digitale Grundbildung“an der Virtuellen PH. Nächstes Jahr startet dann ein eigenes Lehramtsstudium und diesen Herbst beginnt ein Lehrgang im Ausmaß von 30 ECTS an den Pädagogischen Hochschulen. In vier Semestern soll man so berufsbegleitend zum bzw. zur „Lehrer/ in für Digitale Grundbildung“ ausgebildet werden. „Bei uns haben sich vier interessierte Lehrkräfte für den Lehrgang gemeldet“, sagt Marco Krätschmer. Er leitet den Pflichtschulcluster Judenburg. Das Fach sei sehr wichtig, Krätschmer begrüßt den nun offiziellen Rahmen dafür.
„Wo es eine große Eigeninitiative gibt, wird das – wie in den Lockdowns – gut funktionieren“, meint Lehrergewerkschafter Kimberger. Dennoch bräuchte es gut überlegte pädagogische Konzepte, wie man die digitalen Lehrinhalte an die Schüler bringe. Denn die Heterogenität sei sehr groß. „Nur weil Kinder ein Handy haben, haben längst nicht alle ein Verständnis von Medienkompetenz. Das neue Fach kann erst ein Anfang sein“, sagt Lehrergewerkschafter Kimberger.