„Medienkompetenz muss in alle Lehrpläne“
Juliane von Reppert-Bismarck gründete das Nachrichtenkompetenzprojekt „Lie Detectors“.
Frau Reppert-Bismarck, warum haben Sie Lie Detectors gegründet? JULIANE VON REPPERT-BISMARCK: Ich war selbst jahrelang Journalistin. 2016 fiel mir auf, dass es immer mehr Nachrichtenskepsis gab und weniger Verständnis dafür, wie guter Journalismus überhaupt funktioniert. Und das in einer Zeit von Millionen von Quellen. Ich hatte ein Aha-Erlebnis im Gespräch mit einer 13-Jährigen und gemerkt, dass junge Menschen wahnsinnigen Appetit auf Information haben, aber bei Quellen nicht unterscheiden. Sie sagen nicht, ich habe meine Informationen über die Kleine Zeitung, sondern über „Insta“. Da dachte ich mir, Kinder brauchen ganz simple journalistische Werkzeuge. Ich habe eine Organisation gesucht, aber es gab nichts. Daher habe ich Lie Detectors gegründet. Wir bilden Journalistinnen und Journalisten weiter, die dann Klassenbesuche machen und Kindern interaktiv Medienkompetenz vermitteln. Die Schüler sollen Informationen selbst auswerten lernen. Wir haben zum Glück Förderer und können eigenständig, politisch unabhängig arbeiten.
Wo arbeitet Ihre Organisation? Wir machen jährlich 1300 Klassenbesuche in Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg und der Schweiz. Wir haben bis jetzt 250 Journalisten unterschiedlicher Medien fortgebildet. Und wir bieten Online-Ausbildungen für Lehrkräfte an bzw. starten im Herbst ein Mentoringprogramm. Mittelfristig werden wir uns auch aktiv gen Osteuropa bewegen. Und wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Medienkompetenz in alle Lehrpläne eingebaut wird, nicht nur in den Stundenplänen, sondern auch in der Lehrerfortbildung. Ziel soll sein, dass jede Lehrkraft über das Thema sprechen kann.
Gibt es Unterschiede zwischen den Ländern?
Es ist erstaunlich, wie wenig sich unterscheidet. Die Unterschiede liegen eher zwischen Stadt und Land.
Was ist eines der Hauptprobleme der Jugendlichen in der digitalen Welt?
Wenn sich eine Falschmeldung erst einmal eingenistet hat, ist es sehr schwer, mit Tatsachen zu entgegnen. Kein Mensch möchte sich anhören, dass er sich geirrt hat, aber gleichzeitig will sich auch niemand hinters Licht führen lassen. Wir versuchen, präventiv tätig zu werden.
Was können neben Schulen auch Eltern selbst machen?
Solange man altersgerecht und politisch neutral mit einfachen Beispielen kommt, nichts wie los. Es gilt ja den kritischen Muskel zu stärken. Ganz einfach die Kinder mal fragen: Was treibt euch an? Was sorgt euch?