Bis zuletzt Zitterpartie für Schweden
Sozialdemokraten bleiben stärkste Kraft, aber links und rechts der Mitte kam es fast zum Gleichstand. Rekordergebnis für rechte „Schwedendemokraten“.
Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson blieben bei der Parlamentswahl in Schweden klar stärkste Kraft. Die Partei erhielt nach Angaben des Rundfunksenders SVT gestern etwa 29,3 Prozent der Stimmen. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten kamen demnach auf etwa 20,5 Prozent – damit waren sie auf dem Weg zu einem Rekordergebnis und werden wohl erstmals zweitstärkste politische Kraft im Reichstag in Stockholm. Das endgültige Wahlergebnis stand in den Abendstunden noch aus.
Die Moderaten von Ulf Kristersson lagen den ersten Angaben zufolge bei 18,8 Prozent. Das wäre ihr schlechtestes Ergebnis seit 2002. Lange offen blieb zunächst, welches politische Lager am Ende die Mehrheit der Mandate auf seiner Seite haben wird – Anderssons Seite lag mit 49,8 Prozent knapp vor dem konservativ-rechten Block von Kristersson, einschließlich der Schwedendemokraten mit 49,2 Prozent. Der Sender TV4 sah Anderssons Lager etwas deutlicher vorne.
Umfragen hatten die beiden
Lager schon vor dem Wahltag nahezu gleichauf gesehen. Bei der Parlamentswahl vor vier Jahren wichen die ersten Prognosen teils um mehrere Prozentpunkte vom finalen Wahlergebnis ab – die Moderaten konnten die Schwedendemokraten am Ende doch noch überholen.
Dem skandinavischen EULand wird nun wie bereits nach der Wahl 2018 eine langwierige Regierungsbildung bevorstehen, da sich auch die Parteien innerhalb der Blöcke in mehreren Angelegenheiten uneins sind. Der schwedische Reichstag in Stockholm hat 349 Sitze. Für eine Mehrheit sind somit 175 Mandate notwendig. Um genau diese äußerst knappe Zahl zu erreichen, sind Andersson und ihre rein sozialdemokratische Minderheitsregierung bisher auf die Unterstützung der liberalen Zentrumspartei, der Linken und der Grünen angewiesen. Der konservativ-rechte Block, der vom ModeratenChef Kristersson angeführt wird, verfügte bisher über die restlichen 174 Sitze.
Andersson, deren Partei in
Schweden traditionell die stärkste Kraft ist, wurde erst im November 2021 als Nachfolgerin ihres Parteikollegen Stefan Löfven und als erste Frau überhaupt zur Ministerpräsidentin von Schweden gewählt. Unter ihr hat das Land Mitte Mai im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Antrag auf eine Nato-Mitgliedschaft gestellt. Im Wahlkampf waren aber vor allem die stark gestiegenen Energiepreise sowie die in Schweden grassierende Bandenkriminalität die wichtigsten Themen.
Der Fokus auf den Kampf gegen Kriminelle spielte offenbar vor allem den Rechten in die Hände. Andersson machte am Wahltag erneut klar, dass sie zur Zusammenarbeit mit allen Parteien bereit sei – außer mit den Schwedendemokraten. Sie sei sehr enttäuscht, dass sich andere Parteien in der Hinsicht anders entschieden hätten.
Die Moderaten und ihre Partner haben sich zuletzt erstmals offen an die Rechtspopulisten angenähert.