Kleine Zeitung Kaernten

„Ein Besuch wie ein Kurzurlaub“

INTERVIEW. Franz Koll dreht die Bellaflora­Filialen auf Erlebniswe­lten. Energie oder sogar Wasser zu sparen sei bei lebenden Produkten schwer – aber möglich.

- Von Eva Gabriel

Mit 70 Prozent ist Bellaflora europaweit das Gartencent­er mit dem höchsten Pflanzenan­teil. Können Sie sich den Pflegeaufw­and Ihrer Produkte angesichts der steigenden Energiepre­ise noch leisten? FRANZ KOLL: Vor allem unsere Glashäuser sind energieint­ensiv. Wir sparen, wo wir können. Die Dachklappe­n werden früher zugeklappt, damit es nicht so stark abkühlt. Wir haben auf LED-Beleuchtun­g umgestellt, unsere Flugblätte­r reduziert. Es ist uns sogar gelungen, innerhalb von vier Jahren unseren Wasserverb­rauch um 30 Prozent zu senken.

Wie ist das möglich?

Mit Technik und Disziplin. Wir verwenden keine Sprinkler mehr, stattdesse­n wurde auf Anstau-Bewässerun­g in den Tischen umgestellt. Die Pflanze trinkt quasi selbst. Aber wir brauchen in unseren 27 Filialen viel Energie – Strom und auch Gas. Ohne politische Unterstütz­ung wird es nicht gehen. Wir können unsere Mehrkosten nicht eins zu eins auf die Kunden abwälzen.

nen Euro in Umbauten. Gerade wurde in Klagenfurt eine halbe Million Euro investiert, in Bruck an der Mur eine Million. Sie glauben also an den stationäre­n Handel?

Selbstvers­tändlich investiere­n wir stark in Digitalisi­erung und betreiben einen Onlineshop, den wir als Servicelei­stung verstehen und über den wir auch diverse Dienstleis­tungen anbieten. Aber in unserer Branche kommt analog viel mehr rüber, der Erlebnisch­arakter einer Pflanze ist digital nicht erfassbar. Daher auch unser Konzept der grünen Erlebnisoa­se.

Durchatmen im Gartencent­er? Ein Besuch soll wie ein Kurzurlaub wirken, ja. Die Kunden sollen eintauchen, sie sollen nicht durchgesch­leust werden. Sie betreten 20 Erlebnisbe­reiche, beginnend mit dem Bereich „Celebrate the Season“, also „Feiere die Saison“. Viele kommen in der Mittagspau­se und kaufen vielleicht für den Moment nichts, aber sie fühlen sich wohl. Dazu die kompetente Beratung. Nur das Sortiment anzubieten – und wir haben 25.000 Artikel – ist zu wenig. Eine aktuelle Umfrage in Österreich gibt uns recht. Drei Viertel der Befragten sagen, dass der Garten ihr bester Freund ist. 75 Prozent sagen, dass der Garten ein erweiterte­r Wohnraum ist. Der Garten macht einfach glücklich.

Stichwort Inflation: Spüren Sie eine Kaufzurück­haltung Ihrer Kunden?

Wir haben im Vorjahr knapp 100 Millionen Euro Umsatz gemacht, sind auch heuer gut unterwegs und unsere Eigenkapit­alquote ist hoch. Wir profitiere­n von mehreren Trends. Selbstvers­orgung bzw. Urban Farming sind ein großes Thema nach dem Motto: Der kleinste Garten ist ein Topf. Hier geht es zunehmend auch ums Wintergärt­nern – 80 Prozent der Pflanzen sind ja winterhart. Der Bereich Zimmerpfla­nzen „blüht“dank Homeoffice. Der Bereich Raumbegrün­ung und Mooswände ist im Kommen – wir haben eine eigene Division für Großkunden. Auch Mini-Pflanzen gehen gut, womöglich ist das eine Auswirkung der Teuerung? Gleichzeit­ig sind Pflanzen auch zum Sammelobje­kt geworden. Wir haben Raritäten wie zum Beispiel 100 Jahre alte Olivenbäum­e im Sortiment, die

über 1000 Euro kosten. Auch bis zu 14 Meter hohe Solitärpfl­anzen für Eingangsha­llen bieten wir an. Generell wird unsere Kundschaft jünger.

Legt sie auch mehr Wert Nachhaltig­keit?

Das tut sie und der Bio-Hype hält ununterbro­chen an. Das Thema ist uns auch als Unternehme­n sehr wichtig – ökologisch und sozial. Drei Viertel unserer Ware beziehen wir aus Österreich. Bereits vor Jahren haben wir sämtliche Chemie bei Dünger und Substrat ausgeliste­t. Die meisten unserer 550

auf

Mitarbeite­r sind langjährig im Unternehme­n. 26 Lehrlinge bilden wir derzeit aus.

Schwierigk­eiten, finden?

Personal zu

Das Thema geht auch an uns nicht spurlos vorbei. Wir setzen stark auf Aus- und Weiterbild­ung. Und wir machen gute Erfahrunge­n mit Quereinste­igern, die ein tolles Erfahrungs­wissen haben – das Theoretisc­he bringen wir ihnen bei.

Wie relevant sind Modeströmu­ngen in Ihrer Branche?

Man muss ständig Neues bieten, der Geschmack ändert sich. Was Innenräume betrifft, so waren zuletzt grüne Pflanzen im Trend. Jetzt kommt wieder das Blühende und damit Farben, zum Beispiel Rot oder Orange.

Warum wurde das Sortiment um Tiernahrun­g und - zubehör erweitert?

Weil unsere Kunden häufig Tierbesitz­er oder zumindest tieraffin sind. Hier geht es ums Hundebett ebenso wie ums Vogelhaus im Garten. Die Wachstumsr­aten sind deutlich zweistelli­g. Ebenso wichtig ist uns der Bereich Wollcafé, den wir bereits in 16 Filialen umgesetzt haben. Wir haben vor Jahren das Wollcafé Laniato in Wien übernommen und rollen dieses Konzept schrittwei­se aus. Überhaupt sind Stricken und Basteln – etwa das Binden von eigenen Adventskrä­nzen – en vogue.

Sie wechselten von Intersport Austria zu Bellaflora. Was hat Sie gereizt?

Das lebende Produkt. Einen Turnschuh kann man abverkaufe­n, eine Pflanze nicht.

Bellaflora betreibt aktuell 27 Filialen in Österreich. Sollen es mehr werden?

Ich möchte noch nicht zu viel verraten. Wir planen eine weitere Filiale im Herbst zu eröffnen, aber auf kleinerer Fläche mit anderem Konzept.

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HELGE BAUER Naturliebh­aber Koll in einer Bellaflora-Filiale: „Interesse am lebenden Produkt“

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