Tiroler Rebellen im
Die „Liste Fritz“, mit ihrem anhaltenden Erfolg ein Tiroler Unikum, steht bei der Landtagswahl vor deutlichen Zugewinnen.
Sie ist bereits eine Wahlsiegerin. Sollte der Abend des 25. September zur Zitterpartie für die Liste Fritz werden, wäre das eine größere Sensation als ein Absturz der 77 Jahre dominierenden Tiroler Volkspartei unter ein Drittel der Stimmen. Letzteres orten sieben von bisher acht veröffentlichten Umfragen. Im Gegenzug sehen sie doppelt bis dreimal so viel Zulauf für jene Kleinpartei, die 2013 und 2018 nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde in den Landtag gesprungen ist.
Das ist ein Verdienst des Führungsduos Andrea Haselwanter-Schneider (54) und Markus Sint (48). Sie sind durch konsequente Oppositionspolitik aus dem Schatten von Listengründer Friedrich Josef Lienhard Dinkhauser (82) getreten. Dieser „Fritz“hatte 2008 für den bis heute auf nationaler und regionaler Ebene größten Wahlerfolg einer neu angetretenen Gruppierung in der Geschichte der Zweiten Republik gesorgt: 18,3 Prozent aus dem Stand. Nach 17 Jahren als schwarzer
Arbeiterkammer-Präsident war er einerseits Stachel im Fleisch einer Volkspartei von Bauernund Wirtschaftsbund, andererseits sozialpolitisches Bollwerk gegen die SPÖ.
Nicht von ungefähr war Günther Platter (68) schon in der Wiener Minister-Diaspora Obmann des Tiroler AAB, bevor er Landeshauptmann wurde – nach seinem alten Rivalen Herwig van Staa (80). Der Schwiegersohn des legendären Landeshauptmanns Eduard Wallnöfer hatte noch 2001 als Bürgermeister von Innsbruck eine Kampfabstimmung gegen Platter um die Parteispitze knapp, aber die
Landtagswahl 2003 haushoch (49,9 %) gewonnen. Doch schon fünf Jahre später bescherte ihm die neu angetretene Liste Fritz das damals historisch schlechteste ÖVP-Ergebnis (40,5 %) und eine Abservierung im Rekordtempo von 22 Tagen. Dass Platter 2013 ein noch tieferes Wahlergebnis (39,4 %) problemlos überstand, gilt als Musterbeispiel für Parteilogik jenseits herkömmlicher Folgerichtigkeit. Die schwarze Erholung 2018 (44,3 %) war dem KurzHype geschuldet. Die Liste Fritz mühte sich damals auch ohne Galionsfigur in den Landtag.
Ihr aktueller Aufschwung ist eine direkte Folge des unerwar
teten, wohl umfragebedingten Abgangs von Platter, der über Jahrzehnte mehr parteiliches Glück als politischen Verstand hatte. Die Kombination seines Rückzugs als ÖVP-Chef mit dem Verbleib als Landeshauptmann offenbart diese Schwäche, während die letzte Tat seines Geschäftsführers Martin Malaun die Wahlkampfführung für Wunsch-Nachfolger Anton Mattle ist. Dessen interne Herausforderer wetzen längst heimlich die Messer.
Außer dem grünen Koalitionspartner profitieren alle anderen Parteien davon – in Relation zur bisherigen Kleinheit am deutlichsten die Liste Fritz. Aufdeckung, Kontrolle und Soziales waren bisher ihr Markenzeichen. Sie scheint oberflächlich vor allem der KPÖ Graz und ein wenig auch dem Team Kärnten verwandt. Doch anders als die steirischen Tiefroten und das Sammelsurium rotblauer Aussteiger hat Fritz seine Wurzeln in (den Schwächen) der Volkspartei. Das macht sie für enttäuschte bisherige Schwarzund Türkis-Anhänger oft leichter wählbar als andere Angebote. Bisher setzte die Liste auf strikte Opposition. Nun steht sie auch für eine Regierungsteilnahme bereit, allerdings nur für eine Koalition ohne ÖVP.