Flucht aus dem Red Bull System ist teuer
Der Glanz von Red Bull und seiner glamourösen Akademie verzaubert EishockeyHoffnungen. Sie werden ausgebildet und an die Organisation gebunden. Der KAC verfolgt hingegen eine andere Philosophie.
Bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Red Bull sieht das anders. Denn aus Sicht der „Dosen“soll alles über Liefering führen. Zumindest etabliert sich diese These im Fußball. Der Konzern sichert sich früh die Rechte an Talenten, bildet sie aus und verkauft sie teuer, ein Geschäftsmodell, das jährlich zig Millionen in die Kassen spült.
Die Basis dafür bildet ein riesiges Talente-Netz(werk). Im Eishockey läuft es nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Ablösesummen ein wenig differenzierter. Die Bullen wollen auch hier eine große Nummer werden. Mit bislang bescheidenem Erfolg, zumindest aus rot-weißroter Sicht. Mit Marco Rossi und Marco Kasper klopfen zwei heimische Top-Talente an die NHL an, die nie mit dem Unternehmen in Berührung kamen.
Während es Rossi über das kanadische System schaffte (9. im NHL-Draft 2020), beschritt Kasper (8. im NHL-Draft 2022) den schwedischen Weg. Zuvor ließ sich Rossi in der Schweiz ausbilden, Kasper beim KAC. Wenn sie jedoch der Red Bull Akademie unter Abschluss der üblichen Akademie-Vereinbarung beigetreten wären, hätten sie bzw. ihre Eltern bei ihren
Transfers einen festgelegten Betrag rückerstatten müssen, sofern dem Klubwechsel nicht zugestimmt worden wäre. Von 27.500 Euro ist hinter vorgehaltener Hand die Rede. Keine geringe Summe für die Eltern, deren Kinder vom Einstieg in den Profi-Sport noch meilenweit entfernt sind.
So verlockend der Ruf der Roten Bullen für junge Cracks nun sein mag – immerhin gilt Red Bull als eine der wertvollsten Marken weltweit –, wer einmal drinnen ist, kommt nicht mehr so einfach raus. Die „Kronen Zeitung“berichtete zuletzt von Konstantin Hutzinger. Der Oberösterreicher spielt seit zwei Jahren für die Bullen, hätte ein Angebot für das Nachwuchsteam von NHL-Klub Toronto Maple Leafs
vorliegen. Weil für den 15-Jährigen dann allerdings diese Ausbildungskosten-Rückerstattung fällig gewesen wäre, musste er diese Ambitionen verwerfen.
Red Bull: „Wir investieren viel.“Ob solche Verträge insbesondere im Nachwuchsbereich moralisch vertretbar sind? „Ja. Die genannten Zahlen werden wir nicht kommentieren. Aber gleichzeitig muss man eingestehen, dass Eishockeyausbildung kein gewinnbringendes Geschäftsmodell ist“, bekräftigt Günter Oswald, Managing Director Academy & Youth. „Wir
sehr viel in unsere Spieler, für die schulische wie gesamtheitlich sportliche Ausbildung, dazu in Unterhaltskosten, Trainingsstätten. Wir wünschen uns Wertschätzung für unser Herzblut und unser Engagement. Der Maßstab von Red Bull ist es, dass wir mit TopNachwuchs-Programmen konkurrieren können“, sagt Oswald und konkretisiert: „Wir geben Stipendien aus für Schule und Sport. Die Spieler werden auch verpflegt und umsorgt. Das kostet Geld. Das ist nichts Verwerfliches“, so Oswald. Schließlich kennt jeder die Bedingungen und es stehe jedem Spieler frei, nach Liefering zu kommen. Außerdem: „Wir verfügen über genug sportliche Kompetenz aus allen Mutterländern des Eishockeysports in unserem Trainerstab, ob aus Finnland, Schweden, Tschechien oder Nordamerika. Das Umfeld scheint mir woanders kaum besinvestieren ser. Wir haben festgestellt, dass einige einfach nicht immer richtig und gut beraten werden.“Für Red Bull zähle aber nicht nur die große NHL-Karriere: „Wir wollen möglichst viele EishockeySpieler zu Profis ausbilden.“
Oswald erklärt die BullenPhilosophie und warum ein Wechsel ins Eishockey-Ausland nicht gerne gesehen wird: „Es ist ein Trugschluss, dass man es einzig und allein über die nordamerikanischen Junioren-Ligen in die NHL schafft. Die Quote der NHL-Drafts aus den kanadischen Juniorenligen liegt bei ca. 25 Prozent. Im Falle des NHLDrafts ist das aber immer noch keine Garantie für einen NHLVertrag, geschweige denn für einen Einsatz als Spieler. Der Weg eines Top-Talentes in die NHL verläuft nur in den wenigsten Ausnahmefällen reibungslos. Die Regel bilden Entbehrung, Fleiß, Wille, aber vor allem Geduld.“Und ein schriftliches Versprechen, dass hauseigene Talente nicht auf die Idee kommen, abtrünnig zu werden. Zwar wurde noch kein Fall ausjudiziert. Juristen bezweifeln jedoch, dass ein Vertrag dieser Art zulässig ist.
Einen völlig anderen Zugang wählt der KAC. Die Philosophie zielt darauf ab, möglichst viele Spieler ins Ausland zu bringen.
Auch weil man weiß, dass sich Eishockey-Talente unabhängig von den Trainingsbedingungen sich nur dann verbessern, wenn die Konkurrenz ebenfalls über hohe Qualität verfügt. Wie etwa in Schweden oder in Finnland. Dass der Weg, den Klagenfurt eingeschlagen hat, der richtige zu sein scheint, zeigt übrigens die Statistik: Noch nie wurde ein Österreicher direkt aus der heimischen Liga im NHL-Draft berücksichtigt.
KAC-Sprecher Hannes Biedermann erklärt: „Es gibt bei uns keine vertragliche Bindung. Wenn die Spieler irgendwann in einer schlechteren Liga landen, wäre uns mit ihnen ohnehin nicht geholfen. Für uns steht im Vordergrund, sie so auszubilden, dass sie eine Chance auf die NHL haben. Dann erhält der Klub automatisch eine gute Reputation.“Nicht nur das. Die Rotjacken dürfen sich im Fall von Kasper über eine sechsstellige Vergütung aus der NHL freuen. Biedermann lächelt: „Und wir hoffen, dass solche Spieler irgendwann wieder zu uns zurückkehren möchten.“Mit Ian Scherzer, Johannes Neumann (beide in Schweden) und der slowenischen Hoffnung Jan Golicˇicˇ (16) gibt es weitere Aktien. Der Klagenfurter Weg scheint zu funktionieren. Auch wenn er weder über Rom noch Fuschl führt.