Und ewig lockt der Mythos Sisi
Die neue Netflixserie „Die Kaiserin“kommt nicht ohne Klischees aus, aber kann vor allem mit einem starken Ensemble punkten.
Irgendwann wird Kaiserin Elisabeth in der Serie den Satz sagen, der abseits aller filmischen Produktionen wohl auch heute noch Gültigkeit hat: „Alle wollen in meinen Kopf rein.“Viele haben sich bislang den Kopf darüber zerbrochen, wer und wie sie war – abseits der bekannten Parameter, die da sind: eine junge Adelige, die Kaiserin wird und zeitlebens mit der Enge des goldenen Käfigs hadert. Die vorgegebene Spielwiese der Inszenierung ist in etwa so eng geschnitten wie die Uniform des Kaisers.
Auch in „Die Kaiserin“geht man diesen Weg und legt in den ersten sechs Folgen den Fokus auf das Kennenlernen und die noch junge Beziehung zwischen Elisabeth und Kaiser Franz Joseph I. Das ist in etwa der Markenkern, den man von anderen Produktionen auch kennt. Erfrischend anders sind hingegen die Paarungen, die hier aufeinandertreffen: Da wäre Devrim Lingnau als Elisabeth, die das im Zusammenhang mit der Kaiserin gern verwendete Wort Wildfang tatsächlich mit Leben erfüllt. Eine junge Frau, die bei all der Opulenz, die sie umgibt, nur mit gestutzten Flügeln zum Daseinszweck gezwungen werden kann – die Thronfolge zu sichern. Der Kaiser (Philip Froissant) hingegen, er ist von klein auf zum Regieren verdonnert. Mehr Last denn Lust. Er sieht in Elisabeth den Schlüssel zu seinem eigenen goldenen Käfig.
Der Paarlauf zwischen Lingnau und Froissant ist gelungen, sympathisch und vor allem kitschbefreit. Auch das Klischee der bösen Schwiegermutter Sophie darf nicht fehlen: Melika Foroutan gibt mit Bravour das personifizierte spanische Hofzeremoniell. Die wohl spannendste Nebenfigur gibt ein Niederösterreicher: Johannes Nussbaum in seiner Rolle als Maximilian I. Der Zweitgeborene, der nie an die Macht kommen wird und den dieser Phantomschmerz mit aller Härte umtreibt. Der diesen Bedeutungsverlust herrlich mit Dekadenz und Intrigen aufzufüllen versucht und daran scheitert (Historiker würden vor Empörung in Schnappatmung verfallen). Diese Viererpaarung verleiht der opulent ausgestatteten Serie (was sonst?) eine mehr als nur spannende Note.
Aber natürlich: Es ist eine Sisi-Serie, aber nicht zwingend in allen Belangen mehr vom Immergleichen. Worauf man auch hier nicht verzichten will und dann in die Kitschfalle tappt: die Verklärung der Kaiserin als Heldin der Armen und Unterdrückten.
„Die Kaiserin“,