Was nicht alles möglich wäre
WGünter Eichberger fragt sich, was die Mitbewerber von Alexander Van der Bellen eigentlich antreibt. undert es Sie, dass so viele Persönlichkeiten Bundespräsident werden wollen? Mich nicht. Das Amt hat einen überschaubaren Aufgabenbereich. Das Begrüßen von hohen Staatsgästen, das gesittete Dinieren mit ihnen und das Halten einer von staatstragenden Stehsätzen durchsetzten Fernsehansprache sind die vorrangigen Aufgaben des ersten Dieners des Staates. Dass im Krisenfall der Bundespräsident zugleich Oberbefehlshaber des Heeres wäre, erfüllt mich angesichts der vermutlichen strategischen Fähigkeiten mancher Bewerber nicht gerade mit Zuversicht.
Was treibt die sechs Gegenkandidaten an, einen kräfteraubenden Wahlkampf zu führen, der aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zum Ziel führen wird? Ist es die Lust an der Selbstdarstellung, wie bei Gerald Grosz, ist es die größtmögliche Publizität für die finstere Prognose, das Land werde von einer unfähigen Politkaste „an die Wand gefahren“, wie Tassilo Wallentin allen Ernstes posaunt? Dass der angebliche Punkrocker Dominik „Pogo“Wlazny im Vergleich dazu wie ein seriöser Kandidat wirkt, ist bezeichnend.
Drei oder gar mehr Bewerber möchten im Fall ihrer Wahl die Regierung entlassen. Das ist ein verfassungsmäßiges Recht des Bundespräsidenten. Der Bundespräsident ist aber im Wesentlichen eine Spielfigur für Robert Musils „Möglichkeitssinn“. Er könnte die Bundesregierung entlassen, tut das aber glücklicherweise nicht, vermutlich, weil ihm die schiere Möglichkeit genügt. Denn die Wirklichkeit ist ja nur eine Spielart der Möglichkeit. Seine Autorität ist vor allem eine symbolische. Das stellt hohe moralische Ansprüche, die aber eher einem Amtsverständnis gelten als einer konkreten Person. Er ist oberster Repräsentant der repräsentativen Demokratie, in der alle ihre Stimme abgeben, damit andere mit ihr sprechen. lexander Van der Bellen hatte mit zahlreichen Angelobungen und der Verhinderung mancher Ernennung viel zu tun. Was unter seinen verhaltensoriginellen Gegenkandidaten alles zu unserer Verwunderung möglich wäre, will ich mir lieber nicht ausmalen …
Ist es die Lust an der Selbstdarstellung, ist es die größtmögliche Publizität für die Prognose, das Land werde an die Wand gefahren?