Unscheinbare Freiheitskämpferin
Alternativer Nobelpreis geht erstmals an eine ukrainische Aktivistin.
Oleksandra Matwijtschuk ist keine Aktivistin, die erst im Lichte des Ukraine-Krieges für ihr Land kämpft. Für Freiheit und Gerechtigkeit setzt sich die 38-Jährige seit mehr als zehn Jahren ein. Nun wurde sie für ihren unermüdlichen Kampf als erste Ukrainerin überhaupt mit dem Alternativen Nobelpreis (Right Livelihood Award) ausgezeichnet. Damit reiht sie sich in die Riege von Preisträgern wie Greta Thunberg oder Edward Snowden ein.
Viel ist über Matwijtschuk nicht bekannt. Selbst Fotos sind rar gesät. Wenn, dann lässt die Ukrainerin mit Worten aufhorchen. Die Selbstinszenierung im Namen der Ethik liegt ihr fern.
Eigentlich wollte die Juristin Theater studieren. Jetzt studiert sie Tragödien. Menschliche. 2007 begann sie für die Menschenrechtsorganisation „Centre for Civil Liberties“zu arbeiten.
Ein Blick auf Matwijtschuks Arbeit gibt Einblick in die Versehrtheit der Ukraine, die seit Jahrzehnten mit sich selbst und russischer Einflussnahme ringt. Denn ihre erste eigene Initiative gründete die Aktivistin während der Euromaidan-Revolution im Jahr 2013. Damals sah die ukrainische Regierung – anders als heute – unter dem damaligen Präsidenten und Gefolgsmann Putins, Wiktor Janukowytsch, überraschend von einer geplanten Annäherung an die EU ab. Die Folge waren Ausschreitungen, Inhaftierungen, vermisste Demonstrierende. Matwijtschuk dokumentierte die Wirren und das Leid. Im Zuge der KrimAnnexion 2014 verfasste sie wichtige Berichte über Folter und Tötungen für die Vereinten Nationen oder den Europarat. Ihr Engagement ist von bedingungsloser Unabhängigkeit geprägt. Auch kritisierte sie Wolodymyr Selenskyj in der Vergangenheit für seine Frauenpolitik. Spätestens im Zuge des Ukraine-Krieges kennt und schätzt auch der Westen die mutige Aktivistin. Ihr Motto: „Wenn die Kräfte ausgehen, sollte man mit Charakter vorgehen“. Ihr Wunsch: „Eine Welt, in der meine Arbeit nicht mehr weiter nötig ist.“