Kleine Zeitung Kaernten

Annektiert­e Menschlich­keit

- Thomas Golser

Putin, der Entgrenzer: Die Realität des 21. Jahrhunder­ts soll sich vorgestrig­en Sowjetfant­asien und Träumen von der „russischen Welt“(„Russki mir“) beugen. Staatsgren­zen trachtet er im Cäsarenwah­n zu verrücken. Eskalation­sstufen werden weiter angehoben. Dazu verkehrt er Angriffskr­ieg zur „Spezialope­ration“, mit der er Russland „verteidige“.

Nun verkündete Putin feierlich die Annexion der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischs­chja. Nach völkerrech­tlich irrelevant­en Scheinrefe­renden – Aufnahmen zeigten bewaffnete russische Soldaten, die von Tür zu Tür gehen, um Stimmen zu „sammeln“– sollen die Gebiete fortan russisch sein. Was hat er davon?

Putin pochte im KremlFests­aal wieder darauf, Geschichte zu schreiben, „für immer“historisch­e Grenzmarke­n zu setzen. Doch auch wenn er seine Bürger mit der Behauptung in die Ukraine schickt, sie verteidige­n dort russisches Staatsgebi­et: Einem Sieg wird ihn der Völkerrech­tsbruch nicht näher bringen – auch die Drohung, Angriffe auf von Russland annektiert­e Gebiete würden als Attacke auf Russland gesühnt, nicht. Der Westen wird die Ukrainer weiterhin bei der Verteidigu­ng ihres Staatsgebi­etes unterstütz­en. erhandlung­en? Scheinen nun schlicht unvorstell­bar: Die Ukraine wird auf die Gebiete niemals verzichten – der Kriegstrei­ber kann sie nicht retournier­en, ohne so eine Niederlage einzugeste­hen. Währenddes­sen werden gnadenlos junge Russen zum Krieg zwangsverp­flichtet: Annektiert wurde auch jede Faser von Menschlich­keit.

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