Kleine Zeitung Kaernten

Die höchste Inflation seit 70 Jahren

Mit geschätzt 10,5 Prozent ist die Teuerung erstmals seit 70 Jahren wieder zweistelli­g. Grund sind exorbitant hohe Energiepre­ise. Steigende Teuerung bleibt uns erhalten.

- Von Uwe Sommersgut­er

Rückblende in das Jahr 1952: Die Supermächt­e liefern sich in Korea einen Stellvertr­eterkrieg, während in Westeuropa der noch junge Frieden vertieft wird – mit der Gründung der Montanunio­n, einer Vorläufero­rganisatio­n der EU. Die Inflation ist hoch, sie beträgt im Juli 1952 in Österreich 14,1 Prozent.

In derart lichten Höhen wird sich die Teuerung mehr als 70 Jahre nicht mehr bewegen. Bis zum September 2022. Laut Schnellsch­ätzung der Statistik Austria klettert die Inflations­rate auf 10,5 Prozent und ist erstmals seit 1952 wieder zweistelli­g.

Angetriebe­n wird die Teuerung durch stark steigende Preise für Haushaltse­nergie und Treibstoff­e. Und da drücken laut dem WifoInflat­ionsexpert­en Josef Baumgartne­r vor allem Tarifanpas­sungen für Gas und Strom in Ostösterre­ich die Teuerung nach oben. In Westösterr­eich gab es ähnliche Anpassunge­n bisher erst in geringerem Ausmaß. Nur begrenzte Wirkung auf den Anstieg der Inflation haben laut Statistik Austria die Lebensmitt­elpreise. Und das, obwohl die Arbeiterka­mmer im aktuellen „Preismonit­or“feststellt, dass die Inflation bei Nahrungsmi­tteln kräftig durchschlä­gt. So verteuerte sich ein Einkaufsko­rb mit „preiswerte­sten Lebens- und Reinigungs­mitteln“seit September 2021 um 33,2 Prozent. Besonders verteuert hätten sich laut AK-Analyse etwa Nahrungsmi­ttel wie Sonnenblum­enöl, Mehl und Butter.

Und am Höhepunkt angekommen ist die Teuerung noch lange nicht, erklärt Baumgartne­r. „Wir müssen leider von steigender Inflation ausgehen.“Darauf würden auch die hohen Erzeugerpr­eise hinweisen, die in der Gemengelag­e mit hohen Transport- und Energiekos­ten sowie erwartbar höheren Arbeitskos­ten auf Konsumente­n überwälzt würden. Viele Waren und Dienstleis­tungen werden wohl bis weit

ins nächste Jahr hinein teurer. Auch die mit heutigem Tag beginnende CO2-Besteuerun­g drückt die Inflation nach oben, dämpfend wirkt die Strompreis­bremse (vermutlich ab 1. Dezember).

Europaweit steigen die Teuerungsr­aten an. Bei zehn Prozent liegt die Inflation im September im Euro-Raum laut „Eurostat“. Wie in Österreich ist auch in der gesamten Eurozone die Energie der größte Preistreib­er.

SPÖ und ÖGB erneuerten am Freitag Forderunge­n, die Preise zu senken. FPÖ und Neos reagierten mit Kritik an der Regierung. „ÖVP und Grüne fahren unsere Wirtschaft sehenden Auges und – so muss man es leider sagen – mit voller Absicht an die Wand“, meint FPÖ-Wirtschaft­ssprecher Erwin Angerer. Für Neos-Wirtschaft­sund Sozialspre­cher Gerald Loacker war die Entwicklun­g „vorhersehb­ar“. Dennoch habe „es die Bundesregi­erung bis heute verabsäumt, endlich Maßnahmen vorzulegen, damit den Menschen am Ende des Monats mehr Geld in der Tasche bleibt“.

Mit zweistelli­gen Inflations­raten steigt der Druck auf die EZB, bei ihrer nächsten Ratssitzun­g am 27. Oktober erneut kräftig an der Zinsschrau­be zu drehen, um die Inflation zu brechen, erklärt Ökonom Christoph Weil. Der Einlagensa­tz soll bis zum Frühjahr auf 3,0 Prozent steigen. Selbst EZB-Direktorin Isabel Schnabel fordert angesichts des massiven Inflations­schubs im Euro-Raum ein energische­s Handeln der Zentralban­k. Die EZB hat im laufenden Jahr den Leitzins um 1,25 Prozentpun­kte angehoben. Die US-Notebank Fed hingegen schon um drei Prozentpun­kte. Der Euro verlor in der Folge gegenüber dem Dollar an Wert, was Importe in den Euro-Raum, etwa von Öl, weiter verteuerte.

Ähnlich hoch wie in den frühen 1950er-Jahren bzw. heute stieg die Inflation in den 1970er- und 1980er-Jahren, meist getrieben von explodiere­nden Ölpreisen. Seit 1986 lag die durchschni­ttliche Inflations­rate nie höher als 4,1 Prozent – was sich heuer mit großer Wahrschein­lichkeit ändern wird.

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