Kleine Zeitung Kaernten

Im Reich der Heidschnuc­ken

Der nach den genügsamen Schafen benannte Wanderweg durch die Lüneburger Heide feiert heuer sein zehnjährig­es Bestehen.

- Von Robert Benedikt

Heide-Ranger Jan Brockmann gehört zu den Mitbegründ­ern des Heidschnuc­kenwegs, der auf einer Länge von 223 Kilometern von Hamburg nach Celle durch die Lüneburger Heide führt und heuer sein zehnjährig­es Jubiläum feiert. Während wir unter seiner Führung im Gänsemarsc­h durch die einzigarti­ge Landschaft traben, erzählt Jan, wem sie ihre Existenz verdankt: „Die Heidelands­chaft kann nur durch ständige Pflege erhalten werden. Überlässt der Mensch diese Kulturland­schaft sich selbst, verbuscht die Heide. Der Wald erobert sich die offene Landschaft zurück.“

Bei dieser Pflege werden die Landwirte von Tausenden Heidschnuc­ken unterstütz­t, den genügsamen Schafen mit den gedrehten Hörnern, denen die immergrüne­n Zwergsträu­cher der Heide als Futterquel­le dienen. Zu Gesicht bekommt man diese Landschaft­spfleger auf vier Beinen allerdings nur fallweise. Jan Brockmann weiß auch warum: „Die Schäfer führen ein sehr zurückgezo­genes Leben und meiden zumeist den Kontakt mit Heidewande­rern.“Diese gibt es seit Beginn der Coronapand­emie nämlich in steigender Zahl. „Viele Großstadtb­ewohner des Nordens haben in den letzten Jahren entdeckt, dass man auch ohne Berge wandern kann.“

Davon profitiert auch Jung-Hotelier Björn Bohlen, der vor zwei Jahren in Oberhaverb­ek ein ganz besonderes Hotel eröffnet hat. Der Stimbekhof ist ein altes Gehöft, dem Bohlen gemeinsam mit seiner Partnerin neues Leben eingehauch­t hat. Das reetgedeck­te Haupthaus wurde sehr behutsam zu einem Hotel mit modernem Komfort umgewandel­t. Wobei Björn sein Haus lieber als „alten Hof mit Gästezim

bezeichnet. Fast alles, was den Stimbekhof ausmacht, stammt aus der Region. Um diese Logistik zu erleichter­n, haben sich die Unternehme­r im Umfeld der Heide vom Tischler bis hin zum Käse-Produzente­n zu einer Arbeitsgem­einschaft zusammenge­schlossen, die gemeinsam ihre Produkte vermarktet.

Seit mehr als 100 Jahren wird der Naturschut­z in der Lüneburger Heide großgeschr­ieben. Damals verhindert­e der junge Pastor Wilhelm Bode, dass das heutige Naturschut­zgebiet um den Totengrund in der Nähe des Ortes Wilsede als Bauland verkauft wurde. Nach Langem Suchen fand er einen Sponsor, der ihm die damals beträchtli­che Summe von

6000 Mark zur Verfügung stellte. Mit dem Kauf der Heidefläch­en im Totengrund war die Keimzelle für den Naturpark entstanden.

Erika begleitet einen auf Schritt und Tritt – glaubt man zumindest. Wie HeideRange­r Jan weiß, „heißt nämlich nicht jedes Heidekraut Erika“: „Denn hier blüht vor allem die Besenheide, unter Biologen auch Calluna vulgaris genannt.“Diese Besenheide ist ein immergrüne­r Zwergstrau­ch mit hellviolet­ten Blüten.

Als wahrer „Hungerküns­tler“kommt sie gut mit den trockenen, nährstoffa­rmen Böden der Sandheiden zurecht. Und solange ihr kein Baum das Licht raubt oder der gefürchtet­e Heideblatt­mern“ käfer den Garaus macht, gedeiht sie prächtig.

Seit heuer ergänzen zwölf neue Rundwander­wege das Angebot entlang des Heidschnuc­kenwegs. Diese 1,4 bis 20,9 Kilometer langen „Heideschle­ifen“sollen vor allem jene Gäste ansprechen, die nicht von A nach B laufen wollen. Bis zum Jahresende gibt es an jedem zweiten Samstag im Monat geführte Wanderunge­n auf einer der neuen Routen.

Idealer Ausgangspu­nkt für all diese Wege ist die stolze Salz- und Hansestadt Lüneburg, der man früheren Reichtum schon auf den ersten Blick ansieht. Wie CityGuide Caroline Schäfer berichtet, wurde hier bis 1980 mehr als 1000 Jahre lang Salz gewonnen. Im Binnenhafe­n an der Illmenau kann man noch heute den „alten Kran“bewundern, mit dem das Salz in jene Transportb­oote verladen wurde, die es durch den Stecknitz-Kanal nach Lübeck brachten.

Doch die intensive Salzgewinn­ung bringt auch Nachteile mit sich. Ein ganzes Stadtviert­el Lüneburgs – die westliche Altstadt – versinkt. Die durch die Salzentnah­me entstanden­en Hohlräume in der Tiefe sorgen dafür, dass Häuser und sogar eine ganze Kirche langsam absinken. Einige Häuser mussten schon geräumt werden. Die Saline kann nicht mehr dafür haftbar gemacht werden, sie hat ihre Tätigkeit schon vor mehr als 40 Jahren eingestell­t.

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Die Schafe sind die wolligen Landschaft­spfleger der Lüneburger Heide
 ?? ?? Diese Reise wurde unterstütz­t von der Metropolre­gion Hamburg.
Die alte Hansestadt Lüneburg und der Stimbekhof in Oberhaverb­eck
Diese Reise wurde unterstütz­t von der Metropolre­gion Hamburg. Die alte Hansestadt Lüneburg und der Stimbekhof in Oberhaverb­eck
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 ?? ?? HeideRange­r Jan Brockmann und Stadtführe­rin Caroline Schäfer
HeideRange­r Jan Brockmann und Stadtführe­rin Caroline Schäfer
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BENEDIKT (2), KK, ADOBE STOCK (2)

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