Kleine Zeitung Kaernten

„Augenhöhe ist der Schlüssel zu Engagement“

INTERVIEW. New Work heißt das Modewort. Gemeint ist, dass immer mehr Menschen Arbeit auf Augenhöhe fordern. Kann uns diese Wertschätz­ung aus der Krise helfen? Expertin Lena Marie Glaser im Gespräch.

- Von Barbara Haas

Frau Glaser, Sie hatten einen sicheren Job als Juristin in einem Ministeriu­m. Trotzdem kündigten Sie, weil sie erschöpft waren. Haben Sie jetzt das Paradies gefunden?

LENA MARIE GLASER: Ich musste mich am Ende wirklich in die Arbeit schleppen und wusste, so will ich nicht mehr, auch wenn viele mir sagten: „Du bist verrückt.“Das Leben als Gründerin ist manchmal auch echt hart, denn die Selbststän­digkeit ist unsicher und erfordert sehr viel persönlich­es Engagement. Doch so habe ich eine Art von Freiheit gewonnen, die mich jeden Tag motiviert. Ich kann jetzt nach meinen Bedürfniss­en arbeiten. Trotzdem ist mein Rat nicht: Macht euch alle selbststän­dig. Vielmehr geht es darum, in den Firmen ein Arbeitsumf­eld zu schaffen, in dem die Menschen Perspektiv­en haben und bleiben wollen.

Bleiben wir gleich bei den Bedürfniss­en. Ein Kommentar einer jungen Journalist­in, die aber schon Führungskr­aft ist,

hat kürzlich viel Unmut ausgelöst. Sie schrieb „Generation Z, wir müssen über eure Arbeitsmor­al reden!“und beschrieb da flapsige Sprachnach­richten, weil die Person gerade das Bedürfnis hatte, nicht zu arbeiten. Ist die Generation Z verwöhnt?

Solche Beobachtun­gen höre ich oft, weil ich mich viel in Führungset­agen bei Unternehme­n aufhalte. Aber ich warne echt davor, eine ganze Generation als faul abzustempe­ln. Hier sind die Führungskr­äfte gefordert. Sie müssen aufmerksam zuhören und klar einfordern, was sie brauchen, aber eben auf Augenhöhe. Das macht doch den Unterschie­d aus. Es geht um Dialog und Klarheit. Das ist für ältere Führungskr­äfte oft schwer, aber nur so kann Arbeit auf Augenhöhe funktionie­ren.

Burn-out ist in vielen Branchen und vielen Biografien ein Thema und schreckt zu Recht ab, anderersei­ts ist eine individuel­le Work-Life-Balance schwer umsetzbar. Wo stehen wir?

Hier gibt es wirklich einen

denn meine Generation, also die Millennial­s, fordert die Work-Life-Balance schon im Bewerbungs­gespräch. Wir sind schon mit Anfang 30 vielfach sehr erschöpft und wir haben das Burn-out quasi in Griffweite. Die Folge ist oft, dass nur mehr das Notwendigs­te gemacht wird, man spricht dann von innerer Kündigung oder es wird eben auch wirklich gekündigt, ohne eine Alternativ­e zu haben.

In einer Studie des Personaldi­enstleiste­rs Randstad wurden 35.000 junge Arbeitnehm­er aus 35 Ländern befragt. 56 Prozent der Generation Z gaben an, dass sie kündigen würden, wenn ihre Arbeit sie daran hindern würde, das Leben zu genießen. Ist das nicht auch die Haltung einer sehr privilegie­rten Schicht, weil wenn ich Existenzso­rgen habe, muss ich es ohnehin anders machen, oder?

Die Frage ist: Warum werden diese Bedürfniss­e artikulier­t? Weil die Arbeitsrea­lität in vielen Unternehme­n einfach so ist, dass der Mensch nicht gesehen wird. Und sie

erleben bei ihren Eltern, dass der Job kaum Zeit für die Familie, Freunde und private Interessen lässt. Als Resultat wollen sie selbst besser damit umgehen.

Dennoch braucht man Ressourcen, um diese Ansprüche stellen zu können. Wer ist also mit diesem New Work-Gedanken gemeint? Die Mittel- und Oberschich­t?

Es wird oft gesagt, dass dieser New Work-Begriff elitär ist und ja, wenn man etwa das Thema Homeoffice als New Work versteht, dann schließt es sehr viele aus, die in ihrem Job das einfach gar nicht könGenerat­ionen-Crash, nen, weil der Job anders ist. Der Gedanke von Augenhöhe aber beschäftig­t alle – egal ob Lehrling, Arbeiterin oder Angestellt­er. Es ist der Wunsch nach Arbeitsbed­ingungen, die auch die eigenen Bedürfniss­e zulassen und Arbeitgebe­r, die respektvol­l und wertschätz­end sind. Dieser Wunsch ist nicht elitär und es betrifft den Bäcker wie den Großkonzer­n.

Was ist es denn nun, sieht man sich die Arbeitsbed­ingungen an, das so sehr fehlt?

Ein Aspekt, der vor allem durch die Pandemie stark wurde, ist das Gemeinscha­ftsgefühl und damit verbunden Mitgestalt­ungsmöglic­hkeiten und transparen­te Kommunikat­ion. Gerade die Jüngeren möchten erleben, dass man an einem Strang zieht, dass es Teamspirit gibt, dass sie gehört werden und fair behandelt werden. Das passiert leider viel zu selten. Meistens ist es eben so, dass jemand von oben herab bestimmt. Arbeit auf Augenhöhe ist so auch der Schlüssel zu mehr Engagement und besserer Leistung.

 ?? ??
 ?? GEORG AUFREITER ?? Lena Marie Glaser ist New-Work-Expertin und fordert mehr Wertschätz­ung
GEORG AUFREITER Lena Marie Glaser ist New-Work-Expertin und fordert mehr Wertschätz­ung

Newspapers in German

Newspapers from Austria