Immer Ärger mit der Automatik
WIENER PARKETT.
Diese Woche könnte eine Einigung über die jährliche Pensionserhöhung bringen. Klar ist aber schon im Voraus: Mit der gesetzlichen Höhe wird sie wenig zu tun haben.
Es gibt in Österreich kaum eine Regel, die so inkonsequent umgesetzt wird wie der Paragraf 108h des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. „Mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres sind alle Pensionen aus der Pensionsversicherung, für die der Stichtag vor dem 1. Jänner dieses Jahres liegt, mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen“steht dort seit der schwarz-blauen Koalition unter Wolfgang Schüssel (ÖVP) im Jahr 2004.
Sehr vereinfacht gesagt: Jedes Jahr im Herbst legt der Sozialminister – aktuell Johannes Rauch, Grüne – einen Anpassungsfaktor fest, Spielraum hat er dabei keinen: Der Faktor errechnet sich aus der Steigerung der Verbraucherpreise von August bis Juli – und um diesen Wert werden dann die Pensionen ab Jänner automatisch erhöht.
Eigentlich. Denn faktisch hat das noch nie so funktioniert, wie es das Gesetz vorsieht. Jedes Jahr seit 2004 hat jede Koalition, die seither regiert hat, diese Regelung per Gesetz ausgehebelt, um Pensionen über diesen Faktor hinaus zu erhöhen – mal mehr für die kleineren Renten, mal mehr quer durch die Bank, je
was gerade politisch en vogue war.
Auch dieses Jahr steht außer Frage, dass der 108h ASVG weiter im Regal verstauben wird. 5,8 Prozent würde der gesetzliche Anpassungsfaktor umfassen – seit Freitag liegt die Inflation aktuell aber schon bei 10,5 Prozent. Seit Wochen legen sich Pensionistenvertreterinnen und -vertreter daher ins Zeug, für eine der Situation angemessenere Erhöhung. och offen ist allerdings, wie die Umgehung der Regel ausschauen wird. Und da liegen die Positionen vor einem dritten Termin der Pensionistenvertreter mit Rauch noch relativ weit auseinander: „Für mich ist klar, dass die Pensionistinnen und Pensionisten in dieser Krise noch weitere, maßgeschneiderte Unterstützung brauchen“, sagt Ingrid Korosec, Präsidentin des ÖVP-Seniorenbunds: „Ich fordere ein umfangreiches Pensionistenpaket, das die reale Teuerung voll abdeckt.“
Geht es nach Korosec, hieße das: eine zusätzliche Anpassung für kleine Pensionen und den Mittelstand über die 5,8 Prozent hinaus – und spezielle Strompreisund weitere Teuerungsbremsen. „Es liegt auf der
NHand, dass die Pensionistinnen und Pensionisten unbedingt Unterstützungen besonders fürs Heizen brauchen, weil sie den Großteil ihrer Zeit daheim verbringen“, so Korosec. Ohne Hilfe könnten Pensionisten die steigenden Energiekosten nicht stemmen.
Überhaupt wünscht sich der Seniorenbund eine Neuregelung der Automatik: Der Referenzzeitraum für die gesetzliche Anpassung sollte auf Jänner bis Dezember (statt August bis Juli) verschoben werden, um die reale Inflation besser abzubilden.
Eine Forderung, die auch Korosecs SPÖ-Gegenüber Peter Kostelka vom Pensionistenverband teilt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖnachdem
Sozialsprecher Josef Muchitsch drängt er weiterhin auf eine Erhöhung der Pensionen von zehn Prozent. ie 5,8 Prozent seien „eindeutig zu wenig“so Muchitsch. Der Wocheneinkauf sei um 19,1 Prozent teurer geworden. „Es geht nicht um Millionen, es geht schlicht um Essen, Heizen, Wohnen“so Kostelka.
Mahnende Worte dazu kommen wiederholt von Ökonomen, vergangene Woche erst von IHS-Chef Klaus Neusser: Er plädiert dafür, dass die Pensionserhöhun
Dgen an die Lohnsumme gekoppelt werden. „Ich würde plädieren, dass man Armutsbekämpfung und Pensionen ein bisschen auseinanderhält“, so Neusser in der „Pressestunde“. Das sei nicht der Fall, wenn man niedrige Pensionen stärker anhebe, wie es die Parteien fordern. ine Einigung könnte jedenfalls schon kommende Woche anstehen – dem Vernehmen nach rechnet man in den Regierungsparteien mit der Verkündung der Erhöhung am Mittwoch.
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