Kleine Zeitung Kaernten

Britischer Finanzschr­eck

Schatzkanz­ler schaffte es in vier Wochen, Märkte in Panik zu versetzen.

- KWASI KWARTENG Peter Nonnenmach­er, London

Kwasi Kwarteng, seit knapp vier Wochen Schatzkanz­ler Großbritan­niens, findet sich bereits in einem politische­n Sturm. Auf dem Konservati­ven Parteitag in Birmingham, der gestern eröffnet wurde, feiern ihn Vertreter der Tory-Rechten als ihren Helden. Die meisten Delegierte­n schauten einander freilich betreten an. Sie sehen, dass bei den Markt-Turbulenze­n der letzten zehn Tage, die Kwartengs „Mini-Haushalt“nach sich zog, das britische Finanzsyst­em ins Wanken gekommen ist. Die Zentralban­k hat in Panik Notmaßnahm­en ergreifen müssen. Die Opposition wirft dem Schatzkanz­ler vor, „total die Kontrolle verloren“zu haben. 33 Prozentpun­kte soll Labour bereits vor den Tories liegen. Viele Konservati­ve sind davon überzeugt, dass ihre Partei „erledigt“ist und sich von „dieser Katastroph­e“auf Jahre hin nicht erholen wird. Aber Kwarteng scheint das wenig zu berühren. Er glaubt, dass er auf dem rechten Kurs sei. Dass er mit radikalen Steuersenk­ungen, besonders zugunsten der

Reichsten, neues Wirtschaft­swachstum erzwingen kann – egal wie hoch die Inflation ist und welche Folgen die neue Rekordvers­chuldung hat. Dass der Wohlfahrts­staat geschrumpf­t werden müsse, hat er eh schon immer geglaubt. Unter Boris Johnson gelang ihm der Aufstieg ins Kabinett. 2012 veröffentl­iche er die Essay-Sammlung „Britannia Unchained“(Britannien befreit von seinen Ketten). In dieser neoliberal­en Streitschr­ift wurde mächtig gegen „aufgebläht­e Staatsstru­kturen, hohe Steuern und übermäßige Vorschrift­en“zur Entlastung des Großkapita­ls getrommelt. Britische Arbeiter seien „mit die schlimmste­n Faulpelze in der Welt“, hieß es an einer Stelle.

Zehn Jahre später sollte Kwarteng die Chance erhalten, etwas gegen „hohe Steuern“und „aufgebläht­e Staatsstru­kturen“zu unternehme­n. Was er tat und wie er es tat, hat allerdings letzten Umfragen zufolge selbst die Mehrheit der Tory-Wähler im Lande gegen ihn aufgebrach­t.

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AFP

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