Die 4-Tage-Woche als Vollzeitarbeit
AMS-Chef Kopf über neues Arbeiten, weniger Wachstum und den Bedarf an Homeoffice.
Herr Kopf, wenn Sie den Begriff „New Work“hören: An was denken Sie zuallererst? JOHANNES KOPF: Natürlich fällt einem da das Homeoffice sofort ein. Ich denke aber im Grunde an vier Wörter: digitaler, flexibler, internationaler und ökologischer. Das sind die vier großen Trends aus meiner Sicht.
Wir hören zurzeit sehr oft das Stichwort „4-Tage-Woche“. Als Diskussionen dazu aufkamen, ging es parallel dazu stets um Arbeitszeitverkürzung. Aktuell bedeutet 4-Tage-Woche aber häufig, dass die Arbeitszeit von fünf Tagen einfach auf vier Tage aufgeteilt wird. Ist diese Beobachtung stimmig? Wir haben ein paar Tausend offene Stellen mit 4-TageWoche. Der größte Anteil entfällt tatsächlich auf Stellen, bei denen ich entweder weniger Wochenarbeitsstunden arbeite, also etwa einen 32-Stunden-Vertrag habe, oder Stellen, bei denen ein Vollzeitvertrag auf vier Tage verteilt wird. Wir haben natürlich auch Angebote, wo eine Firma bewusst eine Viertagewoche ohne Entgeltminderung bewirbt. Arbeitgeber, die sehr dringend Personal suchen, tun das. So wie es auch Arbeitgeber gibt, die Jobs mit 100 Prozent Homeoffice anbieten. Was spannend ist. Auf der einen Seite bringt das ja unglaubliche Flexibilität, weil es egal ist, wo die Person sitzt. Auf der anderen Seite macht es die Bindung der Person ans Unternehmen sehr schwierig.
Für welchen Teil der unselbstständig Beschäftigten im Land ist denn ein Homeoffice überhaupt relevant?
Selbst am Höhepunkt der Pandemie waren 60
Prozent der Menschen nicht im Homeoffice.
Es kommt also überhaupt nur für 40 Prozent infrage. Die aktuellsten Zahlen lagen bei 15 Prozent. Wir tendieren dazu, Phänomene, die wir selbst wahrnehmen, überzubewerten. Ja, das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Aber es ist trotzdem ein Phänomen im Bürobereich – im gut qualifizierten vor allem.
Ein hoher Arbeitskräftebedarf bei Betrieben hat viele potenzielle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in eine vorteilhafte Position gebracht. Wird sich das wieder ändern, wenn sich das Wirtschaftswachstum im Land verlangsamt?
Ich kenne eine erste Prognose für das nächste Jahr. Und die spricht von einem Wachstum zwischen 0,3 und 0,5 Prozent. Der Arbeitskräftebedarf wird sich ein wenig einbremsen, weil die Nachfrage nicht mehr so extrem sein wird. Ein Trend, der dem entgegenwirkt, ist eine gewisse Arbeitszeitreduktion. Mehr Leute suchen Teilzeit. Aber nicht jeder und nicht überall. Bitte das nicht überzubewerten. Es ist bisher ein Wohlhabenden-Kinder-diestudiert-haben-Phänomen. Zugleich verschwindet ja gerade auch der Wunsch nach Teilzeit bei vielen Leuten, wenn sie ihre Stromrechnung sehen.