Kleine Zeitung Kaernten

Der tiefe Fall des Hochgejube­lten

- Antonia Gössinger war Chefredakt­eurin der Kleinen Zeitung Kärnten und Osttirol.

DAntonia Gössinger meint, dass politische Popularitä­t eine immer kürzere Halbwertsz­eit habe. rei Monate ist es her, da galt Robert Habeck, der deutsche Wirtschaft­sminister, als Maß aller Dinge. Der Grün-Politiker wurde vom Feuilleton ebenso wie in der Wirtschaft­s- und Politikber­ichterstat­tung in den Olymp der Kommunikat­ion gehoben. Den Mitbewerbe­rn wurde der „PolitikErk­lärer“und „Politik-Erzähler“, der „Denker und Philosoph“unheimlich. Niemand anderer könne „Transparen­z und Nahbarkeit“so herstellen wie Habeck. Niemand anderem gelinge es, „die Bevölkerun­g so mitzunehme­n und sie auf die schweren Zeiten einzustimm­en, die auf sie zukommen“.

Habeck verberge seine Selbstzwei­fel nicht, spreche umgangsspr­achlich, lebenswelt­lich und mache damit die Komplexitä­t politische­r Themen und Zusammenhä­nge für die Menschen zugänglich­er. Er mache „das Ringen um Lösungen und schwere Entscheidu­ngen sichtbar“. Auch hierzuland­e wurde hinterfrag­t: „Wer macht den Habeck?“Fehlte noch, dem deutschen Politiker zu bescheinig­en, er könne über Wasser gehen. Das erinnerte an den Hype um einen Politiker der jüngeren österreich­ischen Vergangenh­eit.

Drei Monate später ist Habeck vom Umfragehoc­h abgestürzt. Er wird wegen „handwerkli­cher Fehler“gegeißelt, vom Feuilleton ebenso wie in der Wirtschaft­s- und Politikber­ichterstat­tung. Der liberale Koalitions­partner ließ ihn mit der zuerst umstritten­en und jetzt gekippten Gasumlage ausrutsche­n. Ein verstolper­ter TalkshowAu­ftritt zum Thema Insolvenz brachte ihm Spott, Hohn und einen Shitstorm ein. Das Hin und Her um den Reservebet­rieb von Atomkraftw­erken wurde ihm als „Salto rückwärts nach vorne“ausgelegt. Die „Bild-Zeitung“bilanziert­e: „zu viele Patzer“, es sei für Habeck Zeit, abzutreten. obert Habeck hat ein Schicksal ereilt, wie viele „politische Wunderkind­er“vor ihm: hochgejube­lt und herunterge­schrieben. Die Halbwertsz­eit politische­r Popularitä­t wird immer kürzer. Mehr distanzier­te Differenzi­erung in der Beurteilun­g der Arbeit von Politikeri­nnen und Politikern wäre angebracht. Vonseiten der Bevölkerun­g ebenso wie durch die Medien.

„Auch hierzuland­e wurde gefragt, wer macht den Habeck? Fehlte noch, ihm zu bescheinig­en, er könne über Wasser gehen.“

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