„Weitere Schritte Putins sind bloß Verzweiflungstaten“
Putins als Blitzkrieg geplanter „Nichtkrieg“gegen die Ukraine sei bereits am Beginn für Russland verloren gewesen, meint ein Leser. Nicht nur er hält aber einen Aggressor, der mit dem Rücken zur Wand steht, für sehr gefährlich.
Offen gesagt „Brüchiges Gut“, 2. 10,
In falscher Einschätzung hat Wladimir Putin den Krieg begonnen. Es sollte ein Blitzkrieg werden, der nicht Krieg genannt werden durfte. Der starke Verteidigungswille der Ukraine hat diese Idee zunichtegemacht. Die Festnahme des Präsidenten wurde vereitelt. Der Angreifer musste sich zurückziehen und neue Strategien entwickeln. Nach meiner Einschätzung war ab diesem Zeitpunkt der Krieg für Putin verloren. Alle weiteren Schritte Putins sind bloß Verzweiflungstaten, die nur der Verlängerung des Krieges dienen. Der Rückhalt in der eigenen Bevölkerung wird schwinden.
Wir müssen der bedrängten Ukraine helfen, auch wenn es wehtut. Der Plan Putins, unsere Gesellschaft zu spalten, darf nicht aufgehen. Diplomatische Perspektiven mit Putin sind nicht mehr möglich. Doch kein Diktator verzichtet freiwillig auf seine Macht. Seine Sicherheitskräfte werden einen Sturz mit allen gebotenen Mitteln verhindern. Das birgt die Gefahr, dass er seine Drohgebärden, Atomwaffen einzusetzen, tatsächlich umsetzt. Dann stehen wir vor einem dritten Weltkrieg, den niemand gewinnen kann. Hoffen wir, dass am Ende die Vernunft siegt, von wem immer diese ausgeht.
Franz Reithofer, Mortantsch
Böse Erinnerungen
Wenn Putin am Rednerpult steht und hinter ihm die gesamte Führungsmannschaft sitzt und schweigend zuhört, kann ich davon ausgehen, dass sie seine Aussagen glauben. Dabei sind dies doch bestimmt kluge, kompetente Persönlichkeiten, die richtig einschätzen, was Sache ist. Aber sie schweigen. Je länger dieser unselige Krieg dauert, desto mehr fühle ich mich an einen deutschen NaziDiktator erinnert, dessen Schreckensherrschaft ich als Kind bzw. Jugendlicher erlebt habe. Auch damals war nicht von Krieg die Rede. Österreich wurde „heim ins Reich“geholt, im Sudetenland mussten „deutsche Minderheiten beschützt“werden und in Polen wurde „zurückgeschossen“. Und die deutsche Führungsmannschaft hat den „Führer“in den Zweiten Weltkrieg begleitet.
Aber wie jetzt in der Ukraine lief auch damals der Krieg nicht wie gewollt. Als die Deutschen zurückziehen mussten, war von Frontbegradigungen die Rede, der russische Rückzug wird heute mit der Vermeidung einer Einkesselung begründet. Und in Deutschland hat die Nazidiktatur, als schon alles verloren war, den „totalen Krieg“verkündet. Es war eine geradezu teuflische Szene, als Goebbels im Berliner Sportpalast brüllte „Wollt ihr den totalen Krieg?“und die gesamte politische Führung grölte „Ja!“. Ich hoffe, dass es diesmal nicht so weit kommt.
Gunther Langeheine, Annenheim
Eskalation vermeiden
Der bedrängte Putin annektiert völkerrechtswidrig Gebiete mit Scheinreferenden. Die russischen Soldaten befinden sich in der Defensive und Putin steht mit dem Rücken zur Wand. Wegen seiner grotesken und hasserfüllten Annexionsrede gegen den Westen und einer Eskalationsdynamik ohne Ausstiegsoption befinden wir uns in einer äußerst gefährlichen, an die Kubakrise erinnernden, Situation. Die nächste Eskalationsstufe bedeutet den Einsatz von taktischen Atomwaffen. Es gibt kein Skript, wie es weitergehen wird. Daher ist auch das Zögern von
Scholz hinsichtlich verstärkter deutscher Waffenlieferungen eine Handlungsoption zur Eskalationsvermeidung.
Dr. Ewald Bauer, Graz
Ziel verfehlt?
Das Ziel der Sanktionen (rasches Kriegsende und Rückzug der Russen) wurde klar verfehlt. Es trifft bestenfalls arme Leute in Russland. Die Waffenlieferungen dagegen haben sehr viel „Wirkung“. Nämlich die, dass das sinnlose Sterben auf beiden Seiten noch länger dauert. Nach Ende des Krieges wird die Ukraine vor einem zerstörten Land, vielen Toten und vielen Invaliden stehen und die verbleibende Fläche des Landes wird noch kleiner sein. Ist das das Ziel unserer Hilfe? Die Ukrainer werden uns, aus ihrer Sicht, zu spärliche und zu langsame Hilfe vorwerfen. Wir werden unseren Wohlstand verloren haben und zum Wiederaufbau wenig beitragen können.
Und bitte nicht übersehen: Die Amerikaner sind die großen Gewinner durch Einnahmen mit Frackinggas und militärische Schwächung des russischen Rivalen auf unsere Kosten. Die EU, speziell Österreich und Deutschland, sind die grosich
ßen Absteiger, weil wir am meisten vom Gas abhängen. Also bitte um Versuche zu Friedensgesprächen!
Peter Steiner, Wernberg
Putins neuer Freund
Mitte September hatte Putin zu einem östlichen Wirtschaftsforum nach Wladiwostok geladen. Dieses Treffen ging bei uns medial weitgehend unter. Aufmerksamen Beobachtern der internationalen Politszene blieb dabei eine interessante Begegnung nicht verborgen: Als Ehrengast an der Seite Putins konnte man General Min Aung Hlaing, den Chef der Militärjunta Burmas (Myanmar), erblicken. Das offizielle Burma sieht Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine als gerechtfertigt an und wird als Dank dafür großzügig mit Waffen beliefert. Diese werden von den Militärs benützt, um die nach Freiheit, Demokratie und Autonomie strebenden ethnischen Minderheiten im Lande im Sinne des Wortes mundtot zu machen. Was ist aus dieser neuen und interessanten Verbrüderung zweier Diktatoren zu schließen? Putin unterstützt eine mörderische Militärjunta und zeigt dabei einmal mehr sein wahres Gesicht.
Wer glaubt denn allen Ernstes wirklich daran, dass Putin für den Fall der Ablehnung der EUSanktionen durch Österreich als Dank dafür Gas und Erdöl in unser Land fließen lassen würde? Eine politische Partei hierzulande, welche die „Freiheit“in ihrem Parteinamen integriert hat, scheint das nicht kapieren zu wollen. Vom Cäsarenwahn gebeutelte Herrscher kennen nur eines: Machtgewinn und Machterhalt um jeden Preis – ohne Skrupel.
Dr. Gerd Eberhard, Wolfsberg
Fingerspitzengefühl
Sehr geehrter Herr Patterer, gerade wenn man sich für eine „gute Sache“einsetzt, muss mit Bedacht vorgegangen werden.
Das nötige Fingerspitzengefühl vermisst man bei Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie pflegt ein fragwürdiges Nahverhältnis zum Präsidenten der Ukraine. Während des Wahlkampfes zu den Parlamentswahlen in Italien hatte sie auch noch Drohungen gegen Parteien und damit Wähler ausgestoßen. Von der Leyen agiert wie eine „Kriegsministerin“der EU und packt laufend neue Sanktionswaffen aus. Nicht nachvollziehbar sind auch die von der Kommission verbreiteten Expertisen zur angeblichen EU-Tauglichkeit der Ukraine und von Moldau. Moldau ist bekanntlich auch geteilt und von russischen Truppen besetzt – schlechte Voraussetzungen für eine Beitrittsperspektive!
Die Sanktionen müssen selektiv einsetzt werden. Es geht nicht an, dass aus rein moralischen Gründen (ohne Nutzwert), EU-Bürger zu Mitleidenden gemacht oder in triste „Kriegsweihnachten“hineingewahrsten zwungen werden! Generell sollte die EU von einer reinen Wertegemeinschaft (wie eine Religionsgemeinschaft) zu einer Interessensgemeinschaft umgewandelt werden.
Mag. Richard M. Koschuta, Graz
Wer profitiert?
Leitartikel „Eine neue Dimension“, 30. 9.
Wer aus Bequemlichkeit lange „Leitungen“baut, muss im Katastrophenfall umso kurzfristiger handeln – und lange Leitungen inklusive derer in unseren Hirnen gibt es noch zuhauf. Es gibt eine einfache Faustregel in der Spurensuche der Verbrechensbekämpfung: Wenn etwas passiert, sieh nach, wer davon profitiert Vielleicht sollten wir in diesem Falle noch eine Faustregel draufsetzen: Je mehr die Geheimdienste schweigen, desto mehr sind sich die Profiteure einig. Recherchieren wir, koste es, was es wolle!
Max Wurmitzer, Himmelberg