Wo Bär und Mensch gute Nachbarn sind
Christine Sonvilla und Marc Graf zeichnen heute Abend mit der Universum-Doku „Slowenien – Am Puls der Wildnis“ein vielschichtiges Länderporträt.
Man braucht der Natur natürlich nicht mit Fairness kommen, aber manchmal ist auch ihr offenbar zum Lachen zumute: Da schnaubt sich ein Koloss von einem Braunbären durch den Wald, wird einer Bärin ansichtig, gibt den großen Bären – und scheitert. Die Dame entscheidet sich für den deutlich kleineren Nebenbuhler. Leicht zerknirscht tritt er ab, der Bär, der offenbar doch kein Platzhirsch ist. Es sind Brunftszenen, die so nur selten zu sehen sind.
Mit „Glück!“braucht man Christine Sonvilla und Marc Graf, dem Filmteam von „Slowenien – Am Puls der Wildnis“, nicht zu kommen, denn sie sind Profis. Stunden, Tage oder gar Wochen sitzen sie in Tarnzelten, um Bären, Habichtskäuze oder Luchse mit der Kamera einzufangen. Was den Zuschauern in rund 45 Minuten an Natur frei Haus geliefert wird, dafür brauchte das Paar mit Hauptquartier in Mürzzuschlag rund zweieinhalb Jahre.
Ein Job, der nur bedingt planbar ist: Stichwort Natur, alles hängt mit allem zusammen. Da wären etwa die seltenen Habichtskäuze, die die beiden mit großem Erfolg „eingefangen“haben. Doch ein Glücksfall: Im Jahr darauf war kein Nest zu finden, denn die Population der
Vögel ist daran geknüpft, wie hoch die Mäusepopulation ist. Die wiederum hängt davon ab, ob es genügend Bucheckern gibt: „Man muss immer sofort zugreifen, weil man nie weiß, ob das so auch wiederkommt“, erklärt Christine Sonvilla.
Und vor die Kamera kam dem Paar, das bis zu 90 Prozent aller Aufnahmen selbst gemacht hat, viel: Die Doku spannt den Bogen von der Socˇa und den Karstlandschaften über den Zirknitzer See und die artenreichsten Höhlen der Welt bis hin zum Meer. Eine Vielfalt, die sich auch tierisch niederschlägt: Bären, Goldschakale, Flamingos, Delfine, Grottenolme und sogar
die seltene Marmorataforelle drängen sich vor der Kamera.
Kennen und lieben gelernt haben die beiden Biologen Slowenien im Zuge eines Braunbärenprojektes. Die Schönheiten, aber vor allem auch die Vielfalt des Nachbarlandes darzustellen, war den beiden schon länger ein Anliegen, wie Sonvilla erklärt: „Slowenien ist so unser Durchreiseland, um nach Kroatien zu kommen. Dabei könnten wir uns davon, wie man mit der Natur umgeht, eine Scheibe abschneiden.“
Die Doku zeigt nicht nur atemberaubende Tieraufnahmen, sondern legt den Schwerpunkt vor allem auf das Miteinander von Mensch und Natur: „Unser großes Anliegen mit dem Slowenien-Universum ist auch zu zeigen, wie in unserem Nachbarland zum großen Teil pragmatischer, entspannter und nachhaltiger mit der Natur umgegangen wird. Zwar ist auch dort nicht alles eitel Wonne, aber man lässt der Natur mehr Raum und toleriert, dass auch sie sich ihren Anteil nimmt.“
Umweltschutz ist keine Eintagsfliege. Diese wurde übrigens in spektakulären Massenszenen eingefangen. Ihr Leben ist ausschließlich der Paarung gewidmet, ausgehaucht nach nur 24 Stunden. Vielleicht ein kleiner Reminder für einen großen Bären: Wie schön, dass das Leben doch weitergeht.