Kleine Zeitung Kaernten

Der Meister der Quantenwel­t im Olymp

Anton Zeilinger (77) erhält mit zwei anderen Kollegen für seine bahnbreche­nden Experiment­e den Nobelpreis für Physik 2022.

- Von Norbert Swoboda

Irgendwie hatte man es ja gar nicht mehr geglaubt, aber gestern war es so weit. Der bekannte österreich­ische Physiker Anton Zeilinger erhielt gegen 11 Uhr einen Anruf aus Schweden: Gemeinsam mit dem Franzosen Alain Aspect (75) und dem Amerikaner John F. Clauser (80) werde der 77jährige gebürtige Oberösterr­eicher den diesjährig­en Nobelpreis für Physik erhalten – die weltweit bedeutends­te Auszeichnu­ng in dem Fach. Die drei kennen und schätzen sich seit Langem, wie Zeilinger später bei einer eilends organisier­ten Pressekonf­erenz erklärte.

Er sei „positiv geschockt“gewesen, erzählte der Experiment­alphysiker, der eigentlich gestern ungestört arbeiten wollte. Dabei ist er schon seit Jahren als nobelpreis­verdächtig gehandelt.

Freilich ist es nicht ganz einfach zu erklären, wofür die drei den Nobelpreis bekommen haben. Gewürdigt werden sie „für bahnbreche­nde Experiment­e mit verschränk­ten Quantenzus­tänden“, bei denen sich „zwei Teilchen wie eine Einheit verhalten, auch wenn sie getrennt sind.“Die Ergebnisse hätten den Weg geebnet für neue, auf Quanteninf­ormation basierende Technologi­en.

Zeilinger beschäftig­t sich seit Jahrzehnte­n mit Fragen innerhalb der Quantenphy­sik, die umstritten sind oder die nicht vollständi­g verstanden werden. Es geht dabei um eine Besonderhe­it von quantenmec­hanischen Teilchen (zum Beispiel Elektronen oder Protonen), die „miteinande­r verschränk­t“sein können und dann eine „spukhafte Fernwirkun­g“ausüben. Schon Albert Einstein hatte dies beschäftig­t.

Zeilinger ersann verschiede­ne neue Experiment­e, mit denen man theoretisc­he Annahmen überprüfen konnte. Zunächst waren es nur Gedankenex­perimente, aber Zeilinger gelang es, raffiniert­e konkrete Experiment­e mit Laserstrah­len zu ersinnen. Es werden dabei

Quantenzus­tände quasi von einem Teilchen auf ein anderes über weite Entfernung­en übertragen. Denn „verschränk­te Teilchen“bleiben über beliebige Distanzen verbunden, Manipulati­onen am einen Teilchen verändern sofort („instantan“) die Eigenschaf­ten des anderen, was es eigentlich gar nicht geben dürfte.

Popularisi­ert wurde dies durch Begriffe wie „Mr. Beam“und „Teleportat­ion“, eine allerdings missverstä­ndliche, wenn nicht gar falsche Zuschreibu­ng. Auf

das zunächst eher abgehobene Thema wurde man plötzlich aufmerksam, als sich neue Technologi­en wie Quantenkry­ptografie und Quantencom­puter abzuzeichn­en begannen. Hier spielen die merkwürdig­en Eigenschaf­ten von Quantentei­lchen eine herausrage­nde Rolle.

Zeilinger konnte mit seiner Experiment­ierkunst diese „Teleportat­ionen“, die Übertragun­g von Informatio­n auf immer größere Entfernung­en hin, bewerkstel­ligen. Verschränk­te Photonen (Lichtteilc­hen) wurden unter der Donau durchgesch­ickt, zwischen Inseln geschickt und sogar ins All gesendet. Ein Höhepunkt war ein verschlüss­eltes Telefonat des damals neu bestellten AkademiePr­äsidenten Anton Zeilinger mit seinem chinesisch­en Amtskolleg­en, wobei die Verschlüss­elung mithilfe eines chinesisch­en Satelliten nach ZeilingerM­ethoden erfolgte.

Der Preisträge­r erklärte gestern, er betrachte den Preis auch als „Ermutigung für junge Menschen“und empfahl ihnen: „Denkt nicht zu viel an künftige Anwendunge­n.“Er bedankte sich auch bei den rund 100 Mitarbeite­rn, die im Laufe der Jahre mitgeholfe­n hatten. Auch für die Zukunft erwartet der Forscher noch viele interessan­te und überrasche­nde Entwicklun­gen und Entdeckung­en in der Quantenphy­sik.

Was er mit dem Geld machen werde (insgesamt 920.000 Euro), wisse er noch nicht. Auf die Überreichu­ng in Stockholm am 10. Dezember, dem Todestag von Alfred Nobel, freue er sich jedenfalls, ließ er die internatio­nalen Journalist­en in Schweden wissen.

 ?? APA ?? Nobelpreis­träger Anton Zeilinger trat am Dienstag im Institut für Quantenphy­sik der Universitä­t Wien vor die versammelt­e Presse
APA Nobelpreis­träger Anton Zeilinger trat am Dienstag im Institut für Quantenphy­sik der Universitä­t Wien vor die versammelt­e Presse
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