Quantensprung für Österreich
Der Nobelpreis an Anton Zeilinger stärkt die Wissenschaft und könnte sich sogar auf die Haltung der Österreicher zu Wissenschaft und Forschung teleportieren.
Es war eine großartige Überraschung gestern: für den Wissenschaftler Anton Zeilinger sowieso, aber auch für Österreich. Der bekannte Experimentalphysiker erhielt zusammen mit zwei Kollegen aus Frankreich und den USA den diesjährigen Nobelpreis für Physik zugesprochen.
Auch wenn viele schon lange erhofft und erwartet haben, dass der charismatische Forscher, viele Jahre vor allem unter dem Kürzel „Mr. Beam“bekannt, diesen Preis verdient und auch bekommen wird, ist das keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Neben einer unbestrittenen und national wie weltweit anerkannten Expertise muss man mit den richtigen Fragen zur richtigen Zeit auch richtig liegen. Auch innerhalb der Physik gibt es viele Teildisziplinen. Dass ein Experimentalphysiker mit einer Quantenfrage zum Zug kommt, war nicht unbedingt zu erwarten.
Zeilinger hat diese richtigen Fragen mit dem Thema von „verschränkten Teilchen“und der sogenannten „spukhaften Fernwirkung“seit Jahrzehnten gestellt und auch teilweise beantwortet. Was ursprünglich eher eine Art philosophischephysikalische Spitzfindigkeit schien, ein kaum beackertes, uninteressantes Feld, entpuppt sich in Zeiten der Kryptografie und des Quantencomputers als höchst relevant. Ihm ist aufrichtig zu gratulieren – für sein Gespür, für seine Hartnäckigkeit und für seine hohe Experimentierkunst.
Aber auch Österreich kann sich gratulieren. Der Preis ist indirekt eine Bestätigung eines Weges, den das Land seit etwa dem Jahr 2000 – stark angetrieben gerade auch von Zeilinger – eingeschlagen hat: Auf Leistung in der Wissenschaft zu setzen, diese zu honorieren und großartige Köpfe nach Österreich zu holen beziehungsweise hier zu halten. Er selbst hatte die Republik dazu gedrängt, das Institute for Science and Technology („Elite-Uni“) zu realisieren. Auch dort hätten übrigens heute Nobelpreisträger sitzen können. Als Präsident brachte er zuletzt die Österreichische Akademie der Wissenschaften in ruhigere Gewässer und konnte mehr Geld und mehr Fokussierung erreichen.
Der Preis lässt aber auch einen Ruck durch die gesamten Naturwissenschaften gehen: Er ist ein starkes Zeichen, dass man konkurrenzfähig ist, dass Österreich auch in der Forschung weltweit mithalten kann und wieder an eine extrem stolze Tradition von Physikern wie Erwin Schrödinger, Victor Franz Hess und Wolfgang Pauli anschließen kann. eilinger dürfte künftig kräftig mithelfen, Politik und Gesellschaft zu überzeugen, das Geld nicht nur in Kunst, Kultur und Sport, sondern auch in die vermeintlich „zwecklosen“Grundlagenwissenschaften, in die Naturwissenschaften insgesamt zu investieren. Für die heimischen Forscherinnen und Forscher stellt dieser Preis einen Ansporn dar, noch höher und kühner und noch ehrgeiziger zu denken als bisher. Und für die Bevölkerung bietet er einen Anlass, ein bisschen von Wissenschaftsskepsis und -raunzerei abzurücken.
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