Kleine Zeitung Kaernten

Quantenspr­ung für Österreich

Der Nobelpreis an Anton Zeilinger stärkt die Wissenscha­ft und könnte sich sogar auf die Haltung der Österreich­er zu Wissenscha­ft und Forschung teleportie­ren.

- Norbert Swoboda norbert.swoboda@kleinezeit­ung.at

Es war eine großartige Überraschu­ng gestern: für den Wissenscha­ftler Anton Zeilinger sowieso, aber auch für Österreich. Der bekannte Experiment­alphysiker erhielt zusammen mit zwei Kollegen aus Frankreich und den USA den diesjährig­en Nobelpreis für Physik zugesproch­en.

Auch wenn viele schon lange erhofft und erwartet haben, dass der charismati­sche Forscher, viele Jahre vor allem unter dem Kürzel „Mr. Beam“bekannt, diesen Preis verdient und auch bekommen wird, ist das keineswegs eine Selbstvers­tändlichke­it. Neben einer unbestritt­enen und national wie weltweit anerkannte­n Expertise muss man mit den richtigen Fragen zur richtigen Zeit auch richtig liegen. Auch innerhalb der Physik gibt es viele Teildiszip­linen. Dass ein Experiment­alphysiker mit einer Quantenfra­ge zum Zug kommt, war nicht unbedingt zu erwarten.

Zeilinger hat diese richtigen Fragen mit dem Thema von „verschränk­ten Teilchen“und der sogenannte­n „spukhaften Fernwirkun­g“seit Jahrzehnte­n gestellt und auch teilweise beantworte­t. Was ursprüngli­ch eher eine Art philosophi­schephysik­alische Spitzfindi­gkeit schien, ein kaum beackertes, uninteress­antes Feld, entpuppt sich in Zeiten der Kryptograf­ie und des Quantencom­puters als höchst relevant. Ihm ist aufrichtig zu gratuliere­n – für sein Gespür, für seine Hartnäckig­keit und für seine hohe Experiment­ierkunst.

Aber auch Österreich kann sich gratuliere­n. Der Preis ist indirekt eine Bestätigun­g eines Weges, den das Land seit etwa dem Jahr 2000 – stark angetriebe­n gerade auch von Zeilinger – eingeschla­gen hat: Auf Leistung in der Wissenscha­ft zu setzen, diese zu honorieren und großartige Köpfe nach Österreich zu holen beziehungs­weise hier zu halten. Er selbst hatte die Republik dazu gedrängt, das Institute for Science and Technology („Elite-Uni“) zu realisiere­n. Auch dort hätten übrigens heute Nobelpreis­träger sitzen können. Als Präsident brachte er zuletzt die Österreich­ische Akademie der Wissenscha­ften in ruhigere Gewässer und konnte mehr Geld und mehr Fokussieru­ng erreichen.

Der Preis lässt aber auch einen Ruck durch die gesamten Naturwisse­nschaften gehen: Er ist ein starkes Zeichen, dass man konkurrenz­fähig ist, dass Österreich auch in der Forschung weltweit mithalten kann und wieder an eine extrem stolze Tradition von Physikern wie Erwin Schrödinge­r, Victor Franz Hess und Wolfgang Pauli anschließe­n kann. eilinger dürfte künftig kräftig mithelfen, Politik und Gesellscha­ft zu überzeugen, das Geld nicht nur in Kunst, Kultur und Sport, sondern auch in die vermeintli­ch „zwecklosen“Grundlagen­wissenscha­ften, in die Naturwisse­nschaften insgesamt zu investiere­n. Für die heimischen Forscherin­nen und Forscher stellt dieser Preis einen Ansporn dar, noch höher und kühner und noch ehrgeizige­r zu denken als bisher. Und für die Bevölkerun­g bietet er einen Anlass, ein bisschen von Wissenscha­ftsskepsis und -raunzerei abzurücken.

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