Auf dem Gipfel der Kulinarik angekommen
Haubenkoch Stefan Lastin (42) tauscht Gourmetrestaurant gegen Almhütte. Das Erfolgsrezept bleibt Bodenständigkeit.
Genuss ist für Stefan Lastin Zeit – und Zeit ist im Leben des DreiHauben-Kochs rar gesät. Das wird sich auf 1850 Meter Seehöhe am Katschberg nicht ändern. Lastin hat es nach 25 Jahren in Spitzenrestaurants auf die Alm verschlagen.
Eine Auszeit sucht er als Koch auf der Gamskogelhütte aber definitiv nicht. „Für mich kommt eine neue Herausforderung und das wird ganz schön viel Arbeit“, sagt der 42-Jährige, der nach Stationen in Bentleys House und Hotel Arlberg, Hotel Fuschl in Salzburg, Schlosshotel Velden oder dem Frierss Feinen Haus in Villach einen Reigen an Auszeichnungen mit auf den Berg nimmt: Aufsteiger
Jahres 2013, mehrfacher A-La-Carte-Stürmer, Kärntens Genussbotschafter. „Einer allein ist gar nichts und ich war immer nur so gut, wie mein Team“, gibt sich der zweifache Familienvater bescheiden.
Mit der Gastronomie hat sich der Maltataler keinen Kindheitstraum erfüllt – und doch wurde daraus ein Lebenswerk. „Viele glauben, ich habe schon daheim als Bub viel gekocht, das war gar nicht so. Das ist erst mit der Schulzeit und dem Schnuppern gekommen, und dann habe ich einen Ehrgeiz entwickelt“, blickt er zurück. Was ihn dabei so fasziniert hat? „Der Umgang mit dem Lebensmittel und das Spiel
dem Geschmack“, leitet Lastin etwa zur Eigenkreation seines Blutorangen-SenfEis über. „Ich habe von Anbeginn an versucht, der Küche meine eigene Note zu verleihen. Ich wollte kreativ arbeiten und dem Menschen eine Freude machen. Das ist das Schönste“, betont er.
Dieser Antrieb führte Lastin im Alter von 21 Jahren nach Werfen ins Restaurant Obaudes
er – jene berufliche Station, die er selbst als besonders prägend bezeichnet. „Ich habe sehr viel gearbeitet, musste alles machen, habe mich mit Fleisch auf neue Art und Weise und im Detail auseinandergesetzt. Ich stand jedes Mal aufs Neue mit Ehrfurcht in der Küche und habe wahnsinnig viel gelernt“, erzählt der Spitzenkoch mit der markanten Glatze im Speisesaal der neu renoviermit
ten Gamskogelhütte. Auch vor ihr hat er Ehrfurcht – auch wenn das Gefühl weniger wird. „Man wächst rein. Man wächst in dieses Rampenlicht rein und irgendwann traut man sich, mehr auszuprobieren. Das ist in unserem Job wichtig, um sich ein Profil zu erkochen“, sagt er. Will ein Koch auf die Bühne, sei diese nur unter Druck zu erreichen. „Ich kenne den Job nicht anders. Der Druck hat sich aber verändert. Früher habe ich 14, 15 Stunden gearbeitet. Das hat sich in der Branche gebessert. Wir haben inzwischen auch eine Fünf-Tage-Woche und geregelte Zeiten. Dafür müssen wir viel präsenter sein.“Diese Präsenz kennt eine Vielzahl seiner Gäste. Lastin ist gern bei den Menschen und im Gespräch mit ihnen. „Auch weil man das Feedback direkt bekommt.“
Sein wichtigstes Korrektiv, der größte Halt, die beste Auszeit ist und ermöglicht ihm Frau Bettina, der er 2017 auf der Gamskogelhütte das Jawort gegeben hat. „Meine Frau war auch in der Spitzengastronomie und hat mit mir zusammen gearbeitet. Wir kennen uns, sie versteht mich, meinen Ehrgeiz, meine Ungeduld, meine Kontinuität, mit der ich Ziele verfolge. Sie kennt meinen Job. Für Außenstehende ist er oft schwerer nachzuvollziehen.“
Bleibt die Küche beruflich kalt, wird sie gerne privat aufgedreht. „Ich koche auch daheim viel und bodenständig“, gibt Lastin Einblicke in sein Leben abseits der Spitzengastronomie. Am liebsten auf dem Tisch sieht er „gekochtes Rindfleisch, gerne auch Innereien, aber bitte keinen Cremespinat“. Die Abneigung gegen das grüne Gewächs reicht übrigens bis in seine Kindheit zurück. Kulinarisch auch dort zu finden ist Omas Nudelsuppe. „Sie hat die beste Rindsuppe gekocht, weil sie immer die breiteren Nudeln als die anderen verwendet hat.“Solche Assoziationen mit Essen sind, was Lastin in den Köpfen seiner Gäste erzeugen will. „Ich will Erinnerungen und jetzt mehr denn je, schöne Momente schaffen. Das brauchen wir alle.“