Kleine Zeitung Kaernten

Lieferkett­en: Unruhe über die Details wächst

Heute wird in Brüssel auf Botschafte­rebene über die Details des EU-Lieferkett­engesetzes verhandelt – laut Wirtschaft nicht umsetzbar.

- Von unserem Korrespond­enten Andreas Lieb aus Brüssel

Gestern legte Lara Wolters (S&D), Chefverhan­dlerin des EU-Parlaments, den Berichtsen­twurf für das neue Lieferkett­engesetz vor, heute sollen die Botschafte­r der EULänder die Positionen abstimmen – und vor allem Vertreter aus der Wirtschaft fürchten die Schaffung eines neuen, in der Praxis nicht umsetzbare­n Bürokratie­monsters.

Die Idee hinter dem neuen Gesetz ist es, globalisie­rte Produktion­sprozesse nicht auf Kosten der Umwelt oder der Menschenre­chte zuzulassen. Kinderarbe­it, Raubbau an der Natur oder Ausbeutung von Menschen soll im Zuge des Warenfluss­es verhindert werden, gedacht ist an Sanktionen oder Verbote von Produkten. Ein Kommission­svorschlag aus dem Februar sieht vor, dass in der EU tätige Firmen ihre weltweiten Lieferante­n überprüfen sollen – betroffen wären demnach rund 13.000 Unternehme­n, die mehr als 500 Mitarbeite­r und mehr als 150 Millionen Umsatz haben. Doch in gewissen Bereichen, etwa der Textilindu­strie oder der Landwirtsc­haft, sollen die Vorschrift­en auch für kleinere Unternehme­n gelten – unter Umständen sogar für die finanziere­nden Banken, wie es kürzlich ein heimischer Banker formuliert­e: „Wenn wir einem Holzhändle­r einen Kredit geben, sollen wir überprüfen, ob er nicht mit Holz aus ausländisc­hen Naturschut­zgebieten handelt – wie soll das gehen?“Entspreche­nd weit sind vor den entscheide­nden Verhandlun­gen die Positionen voneinande­r entfernt. In Österreich finden etwa Arbeiterka­mmer, Gewerkscha­ften und NGOs die Ansätze gut, bei der Wirtschaft­skammer schlägt man hingegen Alarm: „Ein österreich­ischer Betrieb kann gar nicht die ganze Wertschöpf­ungskette kontrollie­ren, das wäre absurd“, heißt es da. Hohe Standards seien sinnvoll, aber die Vorschrift­en müssten realistisc­h und Klein- und Mittelbetr­iebe effektiv ausgeklamm­ert sein.

Georg Knill, Präsident der Industriel­lenvereini­gung: „Wir nehmen unsere Sorgfaltsp­flichten und Verantwort­ung selbstvers­tändlich wahr. Es müssen aber auch die Rahmenbedi­ngungen so gestaltet sein, dass sie praktikabe­l und im unternehme­rischen Alltag umsetzbar sind.“Regelungen, die Unternehme­n zwingen, Anforderun­gen zu erfüllen, die sie nicht selbst kontrollie­ren können, seien abzulehnen: „Der europäisch­e Gesetzgebe­r muss aufhören unsere Bedenken vom Tisch zu wischen.“Ähnlich sieht das Andreas Gerstenmay­er, CEO von AT&S: „Mit dem derzeitige­n Entwurf kommt eine realitätsf­erne Überreguli­erung auf uns zu, die die Gefahr birgt, das zugrunde liegende Ziel zu verfehlen.“Man teile die Ziele der Kommission, habe aber bereits Beschwerde­system, Auditplan und Verhaltens­kodex. Gerstenmay­er: „Subliefera­nten oder gar Kunden weiter zu kontrollie­ren, ist nicht machbar.“

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