Das neue Leiden der alten Bäume
Bäume sind Kleinklima-Verbesserer: Wie ihnen Frost, aber auch Hitzestress zusetzen, zeigte nun eine Tagung von Fachleuten.
Wenn in diesen Tagen wieder einmal auf höchster Ebene über den Klimawandel diskutiert wird, dann sollten wir einen Blick auf die nächste Umgebung werfen. Wie geht es denn den Bäumen, den wichtigsten Kleinklima-Verbesserern? Eine Frage, die sich bei einer Tagung im Stift Melk Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa gestellt haben.
Vielfalt ist die Lösung. Es wird nie einen Baum der Zukunft geben, sondern nur eine große Anzahl von unterschiedlichen Bäumen. Alleen sollen nicht bloß aus einer einzigen Art oder Sorte bestehen, sondern es sollte auch in einer einzigen Straße möglichst viele verschiedene Baumarten geben. „Vielfalt ist die einzige Chance, Krankheiten, Schädlinge und Hitzestress sowie Trockenheit abzuwehren“, ist sich Diplom-Forstwissenschaftler Ulrich Pietzarka von der TU Dresden und Kustos des Forstparks Tharandt, sicher.
Dennoch wagt der Wissenschaftler bei einer Tagung über ökologischen Pflanzenschutz, der von der Aktion „Natur im Garten“bereits zum 13. Mal organisiert wurde, einen Blick in die Zukunft. Hier wird im städtischen Bereich mit Sicherheit die Linde mit vielen neuen Sorten ein Gewinner sein. Als Beispiel nennt er die mongolische Linde, die es praktisch noch nirgendwo zu kaufen gibt, aber extrem robust ist und den Verhältnissen in der Stadt standhält. Besonders robust sind auch der Amberbaum, der sich durch seine wunderschöne Herbstfärbung auszeichnet, der Schnurbaum, die Blasenesche und der Lederhülsenbaum.
Aber warum leiden die alten Bäume so? Ganz einfach – es ist der Stress, und das gilt auch für die Wälder. Auch wenn die Fichte vielerorts verteufelt ist,
sie wird, da ist sich Pietzarka sicher, auch in Zukunft eine große Rolle spielen.
Interessant auch eine Erkenntnis: Egal, ob heimisch oder nicht heimisch – alle Bäume sind für die ökologische Vielfalt gleichbedeutend. Viel wichtiger ist es, dass Bäume alt werden dürfen, „denn erst dann summt und brummt es“. Heute würden ja oft 20 Jahre alte Bäume schon wieder umgeschnitten.
Die „Fieberkurve“der Bäume nahm Susanne Böll von der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau unter die Lupe und stellte fest, dass sich Bäume teilweise an Hitze und Trockenheit anpassen. So bilden manche nach einem Hitzesommer im folgenden Jahr kleinere Blätter, die aber mehr Spaltöffnungen besitzen – dort verdunsten sie das Wasser. Aus der Evolution heraus sind ledrige oder behaarte Blättern bekannt. Kurzfristig aber reagieren die Bäume auch auf den Klimawandel. So bilden sie dickere Stämme, weil sie besser Wasser speichern können – die Krone bleibt aber klein.
Wie sehr Bäume leiden, zeigten Temperaturmessungen. Hier wurden in Würzburg Bodentemperaturen von bis zu 60 Grad festgestellt. Die Stämme erwärmten sich auf 49 Grad, die Rinde platzte auf und der Baum war langfristig zum Tode verurteilt. Fazit von Böll: Baumstämme müssen in Zukunft nicht nur in der Jugend, sondern auch im Alter mit Jute, Holzgittern oder anderen Maßnahmen vor Sonnenstrahlen geschützt werden.
Ein spannendes Phänomen ist übrigens bei der Sommerlinde zu beobachten. Der Baum ist imstande, bei extremer Hitze die silbrig glänzenden Blätter zur Mittagszeit so auszurichten, dass sie parallel zu den Strahlen stehen und sich somit vor Verdunstung schützen können.