Wenn ein Bach eine neue Bestimmung findet
Das famose radio.string.quartet kommt heute mit neuem Bach-Cross-over-Programm nach Feldkirchen.
Zu Beginn tröpfelt das Wasser ganz leise in „B:A:C:H .… like waters ….“, dem neuen Album des radio.string.quartet. Der Kärntner Geiger Bernie Mallinger saß zu Hause im zweiten Lockdown. Er hatte viel Zeit für die Familie, und hinter dem Haus rauschte der Bach vorbei. Von da war es nicht weit zum Komponisten Bach. Mallinger stolperte über dessen Violinsonaten, mit denen er sich nie recht anfreunden hatte können: wunderschön zwar, aber technisch zu schwierig, „um so richtig in die Musik zu fallen“, wie er es bildhaft ausdrückt. Das Programm war also quasi der doppelte Bach und gleichzeitig, alles etwas zugänglicher zu machen, ohne kitschige Pseudoklassik zu produzieren.
Zunächst dachte er gar nicht an die Streichquartettbesetzung, aber zwischen ihm und den drei Kolleginnen und Kollegen des radio.string.quartet besteht ein besonderes Band. Erst in der gemeinsamen Arbeit wurde aus der Bach-Sonate in g-Moll eine Geschichte, Mallinger nennt es im Gespräch ein Märchen: Der Bach, der in der Wüste verdunstet, sich neu in einer Wolke sammelt und ins Meer regnet, wo er seine neue Bestimmung findet. Was wir übrigens auch in Englisch rezitiert bekommen. Die Bach’schen Noten bleiben, wo sie sind, so Mallinger. Es wird alles nur viel weiter. Mallinger spricht vom „großen Bild“, das das radio.string.quartet zu malen versucht. Die Stimmungen werden deutlicher – das Dunkle zu Beginn und das Helle im Presto (obwohl es in Moll steht).
Die vier sind unglaubliche Soundtüftler. Aufgenommen wird ganz leise, dazu kommen ihre Stimmen (einmal sogar richtig im Chor), Geräusche, Perkussives! Das ist alles so wunderbar im Fluss, dass es eigentlich völlig egal ist, was improvisiert und was notiert ist.
Es ist die Erarbeitung im Kollektiv, die zählt. Deshalb passt dieses Cross-over-Ensemble auch in keine der gängigen Schubladen. Am allerwenigsten hat es diesmal mit Jazz zu tun. Nicht wenig zu der frappierenden Wirkung dieser Musik trägt auch die unglaubliche Aufnahmetechnik von Peter Moritz (72 Mikros an und um die Instrumente) bei, weswegen es sich unbedingt lohnt, auch den Tonträger zu erwerben. Im Livekonzert wird zuerst das Bach-Programm gespielt. Nach der Pause folgen Stücke aus dem umfangreichen Repertoire mit u. a. Covers von John McLaughlin bis Joe Zawinul. Gilbert Waldner Konzerttipp: radio.string.quartet,
Freitag, 18.11.2022, 20 Uhr, Amthof Feldkirchen