EU will den Wölfen auf den Pelz rücken
Erstmals könnte sich diese Woche eine Mehrheit im EU-Parlament für den Schutz von Nutztieren gegen Wölfe aussprechen. Die Grünen warnen allerdings vor einer „Scheindiskussion“.
Die jüngste Meldung ist erst wenige Stunden alt: Am Wochenende wurden auf dem landwirtschaftlichen Anwesen des früheren Salzburger Agrarlandesrates Josef Eisl sechs Schafe gerissen und ein weiteres verletzt. Eine Woche davor hatte sich in Saalfelden ein ähnlicher Vorfall ereignet. Der Tat dringend verdächtig: ein umherziehender Wolf, der im Gegensatz zum einen oder anderen Artgenossen nicht mit einem Sender versehen ist und dessen Wanderrouten deshalb nicht nachvollziehbar sind.
Immer wieder kommt es zu solchen Vorfällen und immer heftiger prallen die Argumente aufeinander – wie weit soll der
Schutz der Raubtiere gehen? Nun kommt auf EU-Ebene Bewegung in die Sache. Diese Woche wird der Wolf zum Thema im EU-Parlament in Straßburg. Erstmals, so drückt es die steirische EU-Abgeordnete Simone Schmiedtbauer (ÖVP) aus, werde „über konkrete Schritte zum Schutz der heimischen Landwirtschaft gegen den Wolf abgestimmt“. Nach einer Debatte am Mittwoch soll am Donnerstag eine Resolution verabschiedet werden, dann wäre die EU-Kommission am Zug. Schmiedtbauer, die zum Thema Wolf eine überparteiliche Arbeitsgruppe im Parlament gegründet hat, ist optimistisch: „Ein so starkes Signal aus dem Parlament kann nicht ignoriert werden.“Die Landwirtschaftssprecherin und der niederösterreichische VP-Abgeordnete Alexander Bernhuber argumentieren damit, dass allein in diesem Jahr rund 1200 Nutztiere in Österreich durch Großraubtierangriffe getötet, verletzt oder als vermisst gemeldet worden seien. „Ein Almbauer treibt im Schnitt elf Tiere auf die Alm. Wenn auch nur ein einziges Tier dem Wolf zum Opfer fällt, macht das rund zehn Prozent der Herde aus. Der Wolf reißt aber nicht nur ein Tier. Entsprechend sind Verluste, eine emotionale Belastung für Landwirtinnen und Landwirte und großes, vermeidbares Tierleid die Folge“, betont Schmiedtbauer.
Differenziert sieht das der ebenfalls aus der Steiermark stammende EU-Abgeordnete Thomas Waitz von den Grünen, der als „Schattenberichterstatter“damit befasst ist und von einer „Scheindiskussion“spricht: „Wölfe haben einen positiven Einfluss auf die Biodiversität und ihr Schutz ist zentral für die Erhaltung der Artenvielfalt in Europa. Der Wolf regelt das natürliche Gleichgewicht der Arten im Wald.“Eine Änderung der Habitat-Richtlinie müsse
im Rat einstimmig erfolgen, was sehr unrealistisch sei. „Aus Österreich und einigen anderen Mitgliedsstaaten gab es immer wieder Vorstöße zur Änderung der Habitat-Richtlinie mit der Begründung, der Wolf bedrohe Menschen in Dörfern.“Das sei jedoch nicht faktenbasiert. Zuletzt habe das österreichische Landwirtschaftsministerium im Oktober die Kommission aufgefordert, die Rechtssituation zum Wolf zu „re-evaluieren“. Die Entnahme einzelner Problemwölfe sei aber schon jetzt in der Richtlinie vorgesehen. Waitz sieht das Landwirtschaftsministerium in der Pflicht, EU-Gelder für Schutzmaßnahmen einzusetzen.