Güterbahn muss die Preise erhöhen
Ein „Strauß an Krisen“belastet die Rail Cargo der ÖBB. Die Straße gewinne permanent Marktanteile, ÖBB-Boss Matthä fordert Maßnahmen auf europäischer Ebene.
Die ÖBB Rail Cargo Group (RCG) muss die Preise massiv anpassen, und zwar um „20 plus“Prozent. Für die „Transparenz“ist die Erhöhung in zwei Stufen unterteilt: In einem Schritt werden die Kosten ohne Energie angehoben, in einem weiteren erfolgt dann die Preiserhöhung für Energie, so RCG-Vorstandssprecher Clemens Först. Aufgrund des massiven Kostendrucks erhofft die Rail Cargo auch zusätzliche finanzielle Unterstützung durch den Bund, die notwendige Höhe wurde aber nicht genannt.
ÖBB-Boss Andreas Matthä sieht die Güterbahn vor vielen Herausforderungen, es gebe einen „Strauß an Krisen“. Dazu gehören die Inflation mit deutlich höheren Bahnstrompreisen, aber auch Coronafolgen mit geringeren Tonnagen, der Ukraine-Krieg und tatsächlich viele Gleisbaustellen in Europa. Besonders zu schaffen macht der Bahn aber schon lange die fehlende Kostenwahrheit im Vergleich zum Lkw. „Wir sind eine extrem margenschwache Branche“, so Matthä. Die Bahnvorstände räumten ein, dass der Lkw permanent Marktanteile gewinne. Der Transport auf der Straße wachse um durchschnittlich 2,7 Prozent, der Gütertransport auf der Bahn nur um 1,3 Prozent. „In Wirklichkeit geht das in die komplett falsche Richtung“, so Matthä. Deshalb müssten bei Lkw-Transporten externe Kosten wie Verschmutzung oder Lärm berücksichtigt werden, fordert er eine europäische Lösung. Die Schienenmaut müsse sinken, beim Bahnstrom brauche es eine Strompreisobergrenze.
Im Sommer sorgte der weitgehende Stillstand der Raffinerie Schwechat für Ungemach. 330 Züge mussten zusätzlich
eingesetzt werden, um die Versorgung mit Diesel für Loks sicherzustellen. Der Krieg in der Ukraine hat ebenfalls gravierende Folgen: Die Exporttransporte sind deutlich geringer, werden aber zumindest teilweise durch Getreidetransporte aus der Ukraine ausgeglichen. Große Hoffnungen liegen auf einem neuen „Mittelkorridor“über den Balkan und Kasachstan, der Westeuropa und Asien verbinden und unabhängig von den Korridoren über Russland massiv an Bedeutung gewinnen soll. Anfang 2023 nimmt deshalb auch eine eigene RCGTochter in Shanghai den Betrieb auf, um direkt Kunden akquirieren zu können. In Serbien wird Mitte 2023 eine eigene Cargogesellschaft gegründet.
In Österreich bringt 2023 das Abfallwirtschaftsgesetz mehr Güter auf die Schiene, die aktuell acht Millionen Tonnen sollen mittelfristig auf etwa das Doppelte ausgeweitet werden.
Zur Finanzlage verweist Först auf die Gesamtbilanz der Bahn, der zufolge die Rail Cargo Group 2021 ein Vorsteuerergebnis von 121 Millionen Euro eingefahren habe. Darin enthalten sind Förderungen der öffentlichen Hand in dreistelliger Millionenhöhe. Aktuelle Detailzahlen zur Rail Cargo Austria (RCA), der österreichischen Kerngesellschaft der Güterbahn, wollten die Vorstände am Montag nicht nennen. In der RCA-Bilanz 2020 war ein kumulierter Verlust von 370 Millionen Euro aufgelaufen.