„Jetzt ist der Sport an der Reihe, Zeit zum Absagen war genug“
Die Diskussion um die WM in Katar sei scheinheilig, vor allem jetzt, nach der Eröffnung, sei es zu spät dafür. Von der Schelte seitens des FIFA-Chefs Gianni Infantino halten Leser allerdings wenig in Anbetracht der Vergabepraktiken.
„Zwang und Drang. Chronik einer Katastrophe“, 19. 11., „Eine Schelte für den Westen vor der WM“, 20. 11.
Wie lange wissen wir schon: „Katar hält nicht viel von Freiheit und Menschenrechten“. Ein bisschen Korruption, einige teure Rolex-Uhren und schon waren viele der Funktionäre für eine WM in Katar. Jetzt ist der Sport an der Reihe. Zeit zum Absagen war genug!
Walter Wendner. Trofaiach
Wer im Glashaus sitzt ...
Bravo, Herr Franzobel: Endlich traut sich einmal einer – neben all den berechtigten Kritiken gegenüber Katar – die Scheinheiligkeit derer anzuprangern, die allesamt die Augen vor all dem verschließen, was sie tagtäglich „akzeptieren“bzw. schon alles akzeptiert haben, nur weil es dem eigenen Komfort oder Lebensstil entsprochen hat.
Christian Ryssel, Dipl.-Psych.,
Klagenfurt
Auf Sport konzentrieren
Wochenlang wird schon auf die Missstände in Katar hingewiesen! Schuld sind jene, die diese WM in dieses Land vergeben haben, aber auch alle Fußballverbände, die gemeinsam diese WM hätten verhindern können! Rückblickend hätte auch keine WM in Südamerika, Südafrika oder Russland stattfinden dürfen! Oder keine Olympischen Spiele in China, Formel-1-Rennen in diesen Diktaturen! Schon alles vergessen?
Des Weiteren ist es völlig egal, ob sich jemand die Spiele ansieht. Hier geht es um Fußball und alle Kritiken werden auch nach der WM nichts in diesem Land verändern! Als Fußballfan jeden Tag dasselbe hören, statt dass man sich auf das Sportliche konzentriert.
Kein Bierkonsum? Auch gut, weniger Saufereien, Krawalle und Zerstörungen wie zuletzt in Europa! Gerhard Rieger, Mureck
Das Geld entschied
Seit 12 Jahren wissen wir, dass im Wüstenstaat WM-Fußball gespielt wird. Wer die Entscheidung verfolgt hat, konnte schon damals erkennen, dass diese Entscheidung eine pekuniär unterfütterte war. Dass Blatter und sein französischer Kumpel Platini später gehen mussten, weil sie Compliance nicht einmal buchstabieren konnten, verstärkte den Verdacht.
Und dann kam Infantino.
Oder auch Blatters Luca Brasi (siehe „Der Pate“, Teil 1, der Einzige, den selbst Vito Corleone fürchtete). Und alles wurde anders. Intransparenter, verlogener, durchtränkt von Doppelmoral und finanziell erfolgreicher. Warum? Weil die FIFA ihre Milliarden steuerfrei einstreicht und die Gelder „gerecht“unter den Mitgliedern, besonders in Afrika und Asien, verteilt. Das sichert dem Herrn der Lederwuchtel nicht nur die ewige Wiederwahl, sondern auch noch Diplomatenstatus.
Es wird Zeit, dass sich Fußball-Europa von der FIFA trennt und sein eigenes Ding aufzieht.
Klaus Schauer, Klagenfurt
Zu spät
Warum sollte ich mir die WM nicht anschauen? Diese ganze Diskussion ist scheinheilig. Auch in anderen Ländern schert man sich nicht um die Menschenrechte.
Aber die Proteste hätten 2010 kommen müssen, als die WM an Katar vergeben wurde. Jetzt ist es zu spät.
Ernst Pitlik, Wien
Augen fest geschlossen
Zu seiner Zeit wurde der weltbeste Schiedsrichter, Pierluigi
Collina, als „Glatze gnadenlos“bezeichnet, da er, tendenzlos und unabhängig oft sehr harte, aber immer nachvollziehbare Entscheidungen traf. Der aktuell tätige FIFA-Präsident hat mit ihm nur die fehlende Haarpracht gemein. Auch wenn vielleicht während der FußballWM Homosexuelle, Frauen und Gastarbeiter aufgrund der erhöhten Aufmerksamkeit ein wenig besser behandelt werden (sollten), ändert es nichts daran, dass die Werte des Gastgeberlandes so rein gar nichts mit den Werten, die in den FIFAStatuten verankert sind, zu tun haben. Man kann sich nur mit Grausen abwenden.
Jeder Mensch hat seinen Preis, heißt es. Man kann sogar im Gastgeberland wohnen und die Augen trotzdem fest verschlossen halten. Manchmal wäre es besser, einfach nur eine Minute lang in die TV Kamera zu blicken und gar nichts zu sagen, als „Heute fühle ich mich als Homosexueller“von sich zu geben. Fürchterlich für mich der Gedanke, dass solche Verantwortungsträger ohne Gegenkandidaten wohl wiedergewählt werden und ihr Tun folgenlos bleibt.
Reinhard Brosmann, Klagenfurt