Europas Großmächte knickten ein
Angekündigt hatten acht europäische Verbände das Tragen einer „One-LoveKapitänsschleife“als Zeichen gegen Diskriminierung. Der Druck der FIFA wurde den Nationen aber zu groß.
Zwei Worte und ein paar Farben sorgen für reichlich Gesprächsstoff rund um die Fußball-WM in Katar. Die Verbände von Deutschland, England, Belgien, Wales, Frankreich, Dänemark, der Schweiz und den Niederlanden hatten sich im Vorfeld des umstrittenen Turniers im Wüstenstaat darauf verständigt, dass ihre Kapitäne mit den Worten „One Love“und einer Vielfalt an Farben auf der Kapitänsbinde spielen werden. Als Zeichen gegen jegliche Diskriminierung und für die Einhaltung der Menschenrechte. Noch vor WM-Beginn ruderte Frankreich zurück. Aus „Respekt vor dem Gastgeberland“.
Just am Tag, an dem die WM mit den Spielen von England (gegen den Iran), den Niederlanden (gegen Senegal) und Wales (gegen die USA, Spielberichte auf Seite 46/47) so richtig begonnen hatte, knickten auch die sieben anderen europäischen Verbände, die eigentlich vereint ein Zeichen setzen wollten, ein. Weil der Fußball-Weltverband FIFA mit Gelben Kardrohungen ten für die Kapitäne gedroht hatte. „Dass die FIFA uns auf dem Platz bestrafen will, ist einmalig und geht gegen den Geist des Sports, der Millionen verbindet“, schrieb der niederländische Fußballverband KNVB. „Wir stehen zur One-Love-Botschaft und werden diese weiter verbreiten, aber unsere oberste Priorität ist es, Spiele zu gewinnen. Da möchte man nicht, dass der Kapitän ein Spiel mit einer Gelben Karte beginnt.“Der Weltverband begründet die An
von sportlichen Sanktionen mit Artikel 13.8.1 des FIFA-Ausrüstungsreglements. Dort heißt es: „Bei FIFA-Endrunden muss der Spielführer jedes Teams die von der FIFA bereitgestellte Spielführerbinde tragen.“
An jedem Spieltag werden die Kapitänsschleifen ein anderes Motto haben, die erste Botschaft lautet „Keine Diskriminierung“. Eigentlich war das Motto „Fußball verbindet die
Ein Zeichen, das man nur dann setzt, wenn man dadurch keinerlei Konsequenzen zu befürchten hat, ist kein Zeichen. Jochen Breyer, ZDF-Sportreporter
Welt“für den ersten Spieltag vorgesehen gewesen. Dass die Kapitänsbinden von der FIFA erst einen Tag vor Turnierbeginn vorgestellt wurden, überraschte. Auch Oliver Bierhoff, den Geschäftsführer des deutschen Fußballbunds (DFB). „Diese Eskalation führt dazu, dass es nicht mehr um Sport geht. Es fühlt sich stark nach Zensur an.“Eine Geldstrafe, die für das Tragen der „One-LoveSchleife“vorgesehen war, hätten die Nationalverbände, so auch Deutschland, in Kauf genommen. Die angedrohten Strafen für die Spieler allerdings nicht. „Eine Gelbe Karte zu kriegen, wenn man schon auf den Platz kommt, das kann nicht sein“, sagte Dänemarks Teamchef Kasper Hjulmand. DFB-Präsident Bernd Neuendorf meinte: „Wir erleben einen beispiellosen Vorgang in der WM-Geschichte. Die von der FIFA herbeigeführte Konfrontation werden wir nicht auf dem Rücken von Manuel Neuer austragen.“
Aber nicht nur die FIFA steht in der Kritik, auch die zurückgeruderten Verbände müssen sich einiges anhören. Von fehlendem Rückgrat ist die Rede. Belgien musste kurzerhand übrigens auch das Trikot ändern, da auf dem Kragen das Wort „Love“geschrieben stand. Die FIFA erlaubte dies nicht.