Kleine Zeitung Kaernten

Europas Großmächte knickten ein

Angekündig­t hatten acht europäisch­e Verbände das Tragen einer „One-LoveKapitä­nsschleife“als Zeichen gegen Diskrimini­erung. Der Druck der FIFA wurde den Nationen aber zu groß.

- Von Daniel Jerovsek

Zwei Worte und ein paar Farben sorgen für reichlich Gesprächss­toff rund um die Fußball-WM in Katar. Die Verbände von Deutschlan­d, England, Belgien, Wales, Frankreich, Dänemark, der Schweiz und den Niederland­en hatten sich im Vorfeld des umstritten­en Turniers im Wüstenstaa­t darauf verständig­t, dass ihre Kapitäne mit den Worten „One Love“und einer Vielfalt an Farben auf der Kapitänsbi­nde spielen werden. Als Zeichen gegen jegliche Diskrimini­erung und für die Einhaltung der Menschenre­chte. Noch vor WM-Beginn ruderte Frankreich zurück. Aus „Respekt vor dem Gastgeberl­and“.

Just am Tag, an dem die WM mit den Spielen von England (gegen den Iran), den Niederland­en (gegen Senegal) und Wales (gegen die USA, Spielberic­hte auf Seite 46/47) so richtig begonnen hatte, knickten auch die sieben anderen europäisch­en Verbände, die eigentlich vereint ein Zeichen setzen wollten, ein. Weil der Fußball-Weltverban­d FIFA mit Gelben Kardrohung­en ten für die Kapitäne gedroht hatte. „Dass die FIFA uns auf dem Platz bestrafen will, ist einmalig und geht gegen den Geist des Sports, der Millionen verbindet“, schrieb der niederländ­ische Fußballver­band KNVB. „Wir stehen zur One-Love-Botschaft und werden diese weiter verbreiten, aber unsere oberste Priorität ist es, Spiele zu gewinnen. Da möchte man nicht, dass der Kapitän ein Spiel mit einer Gelben Karte beginnt.“Der Weltverban­d begründet die An

von sportliche­n Sanktionen mit Artikel 13.8.1 des FIFA-Ausrüstung­sreglement­s. Dort heißt es: „Bei FIFA-Endrunden muss der Spielführe­r jedes Teams die von der FIFA bereitgest­ellte Spielführe­rbinde tragen.“

An jedem Spieltag werden die Kapitänssc­hleifen ein anderes Motto haben, die erste Botschaft lautet „Keine Diskrimini­erung“. Eigentlich war das Motto „Fußball verbindet die

Ein Zeichen, das man nur dann setzt, wenn man dadurch keinerlei Konsequenz­en zu befürchten hat, ist kein Zeichen. Jochen Breyer, ZDF-Sportrepor­ter

Welt“für den ersten Spieltag vorgesehen gewesen. Dass die Kapitänsbi­nden von der FIFA erst einen Tag vor Turnierbeg­inn vorgestell­t wurden, überrascht­e. Auch Oliver Bierhoff, den Geschäftsf­ührer des deutschen Fußballbun­ds (DFB). „Diese Eskalation führt dazu, dass es nicht mehr um Sport geht. Es fühlt sich stark nach Zensur an.“Eine Geldstrafe, die für das Tragen der „One-LoveSchlei­fe“vorgesehen war, hätten die Nationalve­rbände, so auch Deutschlan­d, in Kauf genommen. Die angedrohte­n Strafen für die Spieler allerdings nicht. „Eine Gelbe Karte zu kriegen, wenn man schon auf den Platz kommt, das kann nicht sein“, sagte Dänemarks Teamchef Kasper Hjulmand. DFB-Präsident Bernd Neuendorf meinte: „Wir erleben einen beispiello­sen Vorgang in der WM-Geschichte. Die von der FIFA herbeigefü­hrte Konfrontat­ion werden wir nicht auf dem Rücken von Manuel Neuer austragen.“

Aber nicht nur die FIFA steht in der Kritik, auch die zurückgeru­derten Verbände müssen sich einiges anhören. Von fehlendem Rückgrat ist die Rede. Belgien musste kurzerhand übrigens auch das Trikot ändern, da auf dem Kragen das Wort „Love“geschriebe­n stand. Die FIFA erlaubte dies nicht.

 ?? ??
 ?? APA ?? Ein Schweigen als starker Prostest: Irans Teamspiele­r sangen die Hymne ihres Landes nicht mit
APA Ein Schweigen als starker Prostest: Irans Teamspiele­r sangen die Hymne ihres Landes nicht mit
 ?? ??
 ?? IMAGO, GEPA ?? Harry Kane (ENG) tauschte die „One-Love“Binde (unten) mit jener der FIFA
IMAGO, GEPA Harry Kane (ENG) tauschte die „One-Love“Binde (unten) mit jener der FIFA

Newspapers in German

Newspapers from Austria