Der Anfang vom Aufbruch in eine neue Epoche
ANALYSE. Der starke Auftritt zum Abschluss des Länderspieljahres gegen Italien lässt Österreich wieder hoffen. Aber es ist viel zu tun.
Den Schlussmoment eines ernüchternden Fußballjahres verwandelte das österreichische Team in einen Ausgangspunkt, von dem aus sich neue Perspektiven ergeben. Mit dem Auftritt beim 2:0Erfolg gegen Italien ist 2022 doch noch ein Kandidat für eine Zäsur. Kann die Nationalmannschaft ähnlich wie mit dem Einstieg von Marcel Koller in eine neue Epoche aufbrechen? Der Sachverhalt wird in der nahen Zukunft geklärt, am Sonntag haben die von Ralf Rangnick auf den Rasen des Happel-Stadions geschickten Spieler einige verwertbare Indizien abgeliefert.
Die Spielweise. Mit dem Amtsantritt von Ralf Rangnick nach dem Aus in der WM-Qualifikation wurde die Mannschaft mit einer grundsätzlichen Umstellung von der defensiven Ausrichtung unter Franco Foda hin zur Offensive der Fußballmarke Red Bull konfrontiert. Das führte nach einem fulminanten Start mit dem 3:0 in Kroatien in den ersten Versuchen zwangsläufig auch zu Verirrungen. Österreich wurde – anders als sonst üblich – von Weltklasseteams geprüft, die wenig geeignet waren für den Eintritt ins Versuchslabor. Aber die sodann von Niederlagen begleitete Auseinandersetzung mit A-Nationen lieferte offenbar Erkenntnisse, die im Verbund mit der Übungswoche in Andalusien nun vorerst auf erfreuliche Weise in einem Spiel verwertbar zusammenliefen. All jene Tugenden, die der Teamchef im Repertoire der Spieler sehen will, waren gegen Italien vorzufinden. Das freute Rangnick. „Die ersten 70 Minuten haben mir beim Zuschauen großen Spaß gemacht“, befand der Teamchef. Die Mannschaft kontrollierte die Partie in spielführender Rolle und arbeitete höchst erfolgreich dagegen. Das führte zu zahlreichen Balleroberungen mit schnell ausgeführten Umschaltaktionen. Dies brachte die Italiener regelmäßig in arge Verlegenheit. Deren Nationaltrainer Roberto Mancini spielte die Niederlage und auch die Leistung des Gegners zwar herunter („Tests sind da, um etwas auszuprobieren“), aber absichtlich lässt sich ein Team wie jenes von Italien nicht vorführen. Und das war in diesem Match phasenweise der Fall. Auch zahlreiche Chancen wurden herausgespielt, die Verwertung ist ausbaufähig, aber dies fällt in die Rubrik „Jammern auf hohem Niveau“. „Es war ein Schritt in die richtige Richtung“fasste Rangnick zusammen. ie Mannschaft. Die routinierten Stars wie Marko Arnautovic´ und David Alaba sind ob ihrer außergewöhnlichen Qualitäten nach wie vor unerlässlich für das Gefüge des Teams. „Was Marko gespielt hat, war schon auf sehr hohem Niveau, viel besser kannst du das nicht spielen“, lobte Rangnick. Um das Duo herum formiert sich jedoch ein
DTeam, das sich in diesem Match sehr harmonisch dem Level anglich, allen voran Xaver Schlager. Zudem lieferte der 21jährige Salzburg-Stürmer Junior Adamu ein vielversprechendes Startelf-Debüt ab. Dabei fehlten einige Topakteure wie etwa Schlagers LeipzigKollege Konrad Laimer. Rangnick ist sich bewusst, dass eine Fußballnation wie Österreich für Erfolge auch gegen große
Teams angewiesen ist auf die volle Ausschöpfung der Kapazitäten. Die Personalreserven sind im Vergleich mit den großen Nationen doch sehr begrenzt. „Es wäre schon gut, alle an Bord zu haben, wenn es drauf ankommt“, erklärte Rangnick. Auch die Einstellung zum Match war ein an diesem Abend entscheidender Faktor. Die Österreicher agierten hoch motiviert, der in der letzten Phase der Partie auf die Abwehr konzentrierte Einsatz ließ bis zum Schlusspfiff nicht nach. So konnte ein durchaus noch möglicher Gegentreffer verhindert werden. Aber, um die aufkeimende Hoffnung auf eine Wende zum Guten nicht ausufern zu lassen, sei es erwähnt: Es war halt nur ein Freundschaftsspiel. Im kommenden Jahr muss sich das Team im Ernstfall bewähren.
Die Zukunft. Nun folgt eine viermonatige Pause, die nicht ungenutzt verstreichen wird. Rangnick plant regelmäßige Videokonferenzen mit den Teamkandidaten, damit diese seine Ideen nicht aus den Augen verlieren. Auch Besuche bei den Trainingseinheiten der Klubs sind vorgesehen. Im März geht es zum sanften Start der EM-Qualifikation zu Hause, wohl im neuen Stadion in Linz, gegen Aserbaidschan (24. März) und Estland (27. März). Um die direkte Qualifikation zu schaffen, ist aber auch der eine oder andere Erfolg gegen die starken Gruppengegner wie Belgien und Schweden nötig. Rangnick hofft da auch auf die breite Unterstützung der heimischen Fans. „Ich wünsche mir ausverkaufte Stadien, so wie es die Dänen haben, dass der Gegner sagt, ,was ist denn hier los‘“.