Das Formel 1-Jahr im Rückspiegel
Ferrari hat stets alle Voraussetzungen, um nach 2007 wieder einmal Weltmeister zu werden. Sie bauten auch heuer einen exzellenten Rennwagen namens F1-75, ein Geschoss in den Händen eines Charles Leclerc, der alle Grundpfeiler eines Weltmeisters mitbringt. Und doch schaffte es die Scuderia, früh im Titelrennen auszuscheiden. Sodass Max Verstappen fünf Rennen vor Schluss den Sack zumachen durfte. Ein Musterbeispiel der Unzulänglichkeit in Rot.
Natürlich ist das Red Bull-Lager nach wie vor das Maß aller Dinge. In Summe schneller, konsequenter, konstanter, verlässlicher. Und der niederländische Weltmeister ist vielleicht noch draufgängerischer, rücksichtsloser, kompromissloser als der Rest des Feldes. Um nicht zu sagen: Verstappen fährt eiskalt, reagiert eher rüpelhaft auf eine Teamorder, nicht bereit, selbst seinem Teampartner einen Gefallen zu tun. Er gefällt sich nur selbst, ein Wesenszug, der in der Formel 1 vermutlich auch die Voraussetzung fürs Hochamt eines Champions sein muss.
Damit setzt er sich zwar mitunter einer gewissen Ablehnung der Fans aus. Zur Popularität eines Lewis Hamilton fehlt noch das eine oder andere Mosaiksteinchen. Aber dennoch: Verstappen läutet mit dem zweiten Titel endgültig den Generationswechsel ein, mit einem Leclerc, einem Russell im Rückspiegel. Gegen den jungen Briten quält sich schon ein Lewis Hamilton, der heuer, erstmals in seiner Karriere, nicht ein Rennen gewinnen konnte. Hamilton entwickelte sich trotz der Sieglosigkeit zum Teamplayer in der Krise, dachte im Kampf um den zweiten Platz in der Team-WM an die Boni seiner Mechaniker – ein Akt der Nächstenliebe, etwas Seltenes in der Formel 1. Die beiden Silberpfeil-Piloten sind knapp vor dem Zusammenschluss mit der Spitze, um einmal mehr „God Save the King“zu hören.
Auch 2022 hielt der Boom der Königsklasse weiter an. Die Fans kommen in Scharen, Rennen sind zumeist ausverkauft, die TVSender verbuchen Rekordquoten. Und es spricht nichts dagegen, dass das in 104 Tagen so weiter geht.